Der Fund
In einer Online-Auktion des Auktionshauses Plückbaum aus Bonn wurde Ende Oktober 2021 ein Golfpokal versteigert. Das Objekt besteht aus 800er Silber, verfügt über eine Höhe von 17cm und ist circa 200g schwer. Die eintägige Versteigerung begann mit einem Limit von 100 Euro. Den Zuschlag erhielt ein Bieter oder eine Bieterin bei 160 Euro.
Geschaffen wurde dieser Preis im Atelier von Hugo Böhm in Schwäbisch Gmünd, wie die Punzen auf dem Objekt verraten. Schwäbisch Gmünd war in den 20’er und 30’er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Zentrum des Edelmetallgewerbes mit mehreren bedeutenden Manufakturen.
Der Club
Die Inschrift auf der Vorderseite des Silberpokals verweist auf den privaten Golfclub des Nordseesanatoriums Südstrand Föhr. Vor mehr als 100 Jahren hatte der Arzt Dr. Gmelin am Südstrand der Nordseeinsel ein Sanatorium gegründet, in dem er Patienten vor allem durch einen gesunden Lebensstil ohne Alkohol und mit vegetarischer Kost heilen wollte. Da zudem viel Bewegung an der frischen Luft empfohlen wurde, passte der Bau einer eigenen Golfanlage gut ins Bild. Zusammen mit seinem Schwager Carl (Charly) Mensendieck beschloss Gmelin 1925 eine Golfanlage zu bauen. Für den Bau der Anlage wurde der deutsche Golfsportpionier und Golfplatzarchitekt Bernhard von Limburger engagiert. Erster Vorsitzende des Golfclubs wurde Mensendieck, der neben seiner Direktorenfunktion im Sanatorium auch das in unmittelbarer Nähe gelegene Internat (Pädagogium) leitete. Einige der später bei den Senioren erfolgreichen Golfsportler, kamen hier erstmals mit dem neuen Sport in Berührung.
Die Eröffnung der 9-Lochanlage fand im Jahr 1927 statt. Der gesamte Kurs war 2330m lang und unterteilte sich in 3 Par3 Bahnen, 3 Par4 Bahnen und 2 Par5 Bahnen. Sehenswert war offenbar die Bahn 6, ein Par6 (!), mit einer Länge von 530m. Sie führte durch eine Waldschneise, zwischen dem Sanatorium und dem sog. Pädagogium hindurch, direkt auf den Südstrand zu. Die Lage am Wasser sollte an schottische Links-Plätze erinnern, jedoch fehlten die Dünen, die eine solche Bezeichnung gerechtfertigt hätten. Der Club erhob keine Mitgliederbeiträge, sondern finanzierte sich ausschließlich durch Spenden.
Nachdem das Sanatorium im 2. Weltkrieg geschlossen und in ein Hotel umgewandelt worden war musste auch der Golfplatz der sich ausdehnenden Stadt Wyk weichen und wurde 1968 aufgegeben.
Der Stifter
Auf dem Silberpokal existiert noch eine zweite Inschrift, die Auskunft über den Stifter des Preises gibt: „gestiftet von Hermann Reincke Hamburg“. Bei dieser Stifterpersönlichkeit handelt es sich um den Hamburger Reeder Hermann Reincke (1864 – 1943), den Inhaber der Großreederei Rob. M. Sloman. Reincke übernahm von 1919 bis 1938 den Vorsitz des Hamburger Golf-Clubs, der 1930 seine Anlage von Hamburg-Flottbeck nach Falkenstein verlegte. Zudem war er von 1924 bis 1928 Vorsitzender des Deutschen Golf Verbandes, ab 1928 dessen Ehrenpräsident.
Auf
Föhr wurden, wie in vielen anderen Kurorten, mit offenen Wettspielen Golfer auf
die Insel gelockt. Eines dieser Turniere fand Pfingsten 1936 statt. In einer
Werbeanzeige in der Deutschen Golfzeitung wurden vom 30. Mai bis 1. Juni wurden
insgesamt 5 verschiedene Wettspiele angekündigt. Eines dieser Turniere, das
sog. „Spiel gegen die Einheit“ gewann ein Gast, Frau Dabelstein aus Hamburg.
Wie die Deutsche Golfzeitung in ihrer Ausgabe vom 15.06.1936 berichtete, befand
sich der Platz zu Pfingsten in „ausgezeichneter Verfassung". Der Artikel endete
mit einer Danksagung: „Auch an dieser Stelle sei Herrn H. Reincke,
Hamburg-Falkenstein, freundlichst gedankt für den uns gestifteten Wander-Pokal,
den erstmalig Frau Dabelstein in diesem Jahr gewann“.
Es ist spricht vieles dafür, in diesem „Wander-Pokal“ den
Silberpokal aus der Online-Auktion des
Auktionshaus Plückbaum zu sehen: Hermann Reincke stiftete diesen, bei Hugo Böhm
in Auftrag gegebenen, Preis, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des
Hamburger Golf-Clubs Falkenstein sowie als Ehrenvorsitzender des Deutschen Golf
Verbandes, dem Privat-Golfclub Nordsee-Sanatorium Südstrand-Föhr anlässlich
dessen Pfingstturniers im Mai/Juni 1936 als Wanderpokal.
Die Hoffnung
Es ist ein großes Glück, dass dieser Silberpokal die zerstörerische Zeit des zweiten Weltkriegs unbeschadet überstanden hat und bis in unsere heutige Zeit hinein überliefert wurde. Die Hoffnung bleibt, dass der Bieter oder die Bieterin sich der Bedeutung des Silberpokals für die Clubgeschichte sowie die Frühzeit des deutschen Golfsports bewusst ist und den Pokal öffentlich zugänglich macht.
Einen ausführlichen Bericht mit weiteren Details zur Geschichte des Clubs, (historischen) Fotos sowie Anmerkungen und Verweisen findet sich unter:
Der Blog für Bücher, Events und Geschichte(n) zum Golfsport
Danksagung
An
dieser Stelle sei dem Auktionshaus Plückbaum GmbH Bonn für die
Publikationsgenehmigung der Fotos des Silberpokals ebenso gedankt wie
Herrn Christoph Meister, Hamburg, für seine fachliche Expertise.