Der Ryder-Cup hat als Wettkampf, bei dem es weder um individuellen Lorbeer noch um Geld geht, über die Jahrzehnte eine erstaunliche Vitalität bewiesen. Kein anderes Golfturnier lockt so viele Zuschauer an den Fernseher. Was am bersonderen Reiz des sportlichen Duells liegt, das seit der ersten Auflage 1927 eine Reihe von Modifikationen erlebt hat und mit immer mehr Spannungselementen ausgestattet wurde. Das Besondere: Es ist ein Mannschaftswettbewerb, bei dem sich alle zwei Jahre zwölf hervorragende Golfspiele als Repräsentanten Europas und der USA miteinander messen. Dort ist die traditionsbewusste Sportart auch am stärksten verankert.
Wer sich als Golfprofi über die Punktsysteme qualifiziert, die beide Seiten installiert haben, und wer von den beiden Caiptans als weiteres Teammitglied für das Kader von je zwölf Spielern nominiert wird, für den gilt, was Tiger Woods einmal gesagt hat: "Der Ryder-Cup hat für jeden Spieler eine grosse Bedeutung, der auf diesem Weg für sein Land antritt." Entsprechend enttäuscht sind jene, die daheim bleiben müssen.
Gewisse Spieler haben für ein enormes Handgeld zum saudischen Milliardenprojekt LIV Golf gewechselt, was zu viel Unmut sorgte. Die Nichtnominierung war die Quittung. Dies gilt auch für die europäische Seite. Als bester Europäer fiel Sergio Garcia der Kontroverse zum Opfer. Weil er die Mitgliedschaft bei der DP World Tour - dem europäischen Pendant zur amerikanischen PGA Tour - aufgab, verlor er damit auch jeden Anspruch darauf, nominiert zu werden.
Doch an der Ausgangslage hat sich nichts geändert: Bei den Wettern werden wieder einmal die Amerikaner als Favorit gehandelt und den Europäern nur Aussenseiterchancen eingeräumt. Es ist eine Einschätzung, welche die Platzierungen der Spieler in der Weltrangliste spiegelt, sich jedoch regelmässig als Trugschluss herausgestellt hat. Und zwar vor allem deshalb, weil die Europäer traditionell an den beiden ersten Tagen, wenn es um 16 der total 28 Punkte geht, ihre Qualitäten als teamfähige, ambitionierte Tandems unter Beweis stellen.
Europas Captain Luke Donald traf eine besonders risikoreiche Personalentscheidung. Er holte mit dem Schweden Ludvig Aberg einen Spieler ins Team, der zwar als Amateur am College in den USA Aufsehen erregt hatte und innert weniger Monate als Profi beeindruckende Ergebnisse erzielte, darunter Anfang dieses Monats den Sieg am European Masters in Crans-Montana. Ob Aberg bereits dem Druck eines so prestigeträchtigen Turniers wie des Ryder-Cups gewachsen ist, wird sich zeigen.