Revanchismus der positiven Art: Der Stachel des 9:19 von Whistling Straits sitzt tief, vor allem auch durch die Art, wie der US-Triumph zustanden gekommen bzw. wegen einiger unliebsamer Begleitumstände. Vor allem Shane Lowry ist richtig angefressen und brennt auf Wiedergutmachung: „Mir ist egal, was in den nächsten zwei Jahren passiert, solange ich in Rom dabei sein und helfen kann, ihnen den Ryder Cup wieder abzunehmen.“ Der Nordire hatte bereits über einige wenig sportsmännische Verhaltensweisen seines Einzelgegners Patrick Cantlay berichtet, bei der Alfred Dunhill legte er nach. „Mit dem Verhalten der amerikanischen Fans hatte ich kein Problem, so ist das nun mal beim Ryder Cup. Klar ist es schwierig dagegen anzuspielen, dass die Leute schlechte Schläge regelrecht bejubeln. Und 2025 im Bethpage State Park wird es noch hundert Mal schlimmer“, erzählte der 34-jährige Champion Golfer of the Year 2019: „Aber als mir meine Frau dann erzählte, dass sie wirklich heftig beleidigt wurde und sich etliche schlimme Dinge anhören musste, war ich echt schockiert.“ Allerdings, so fügte Lowry an, „waren das sicherlich nur Einzelfälle – manche sind halt Idioten, erst recht wenn Alkohol im Spiel ist. Doch die fielen halt auf. Zumal ja auch kaum europäische Fans dabei waren, die das übertönen konnten. Andererseits habe ich nach meinem Einzel am Sonntag viel anerkennenden Applaus bekommen.“
Robert MacIntyre: „Rom ist auf meiner Liste ganz oben“
„Outing“: Der dringend notwendige Ryder-Cup-Nachwuchs formiert sich und meldet Ansprüche an. Einer, dessen Name immer genannt wird, wenn es um die Verjüngung des europäischen Teams geht, ist der Schotte Robert MacIntyre. Am Rand der Alfred Dunhill Links Championship offenbarte der 25-Jährige, dass er vor Whistling Straits einen netten Anruf von Skipper Padraig Harrington bekommen habe und dass er nun darauf brenne, in zwei Jahren in Rom unbedingt dabei zu sein. „Natürlich war es enttäuschend, dass er mich nur aus Höflichkeit anrief, bevor er seine Picks verkündet hat“, erzählte „Bob Mac“: „Und ich habe das Geschehen in Whistling Straits natürlich im TV verfolgt, aber nicht permanent, da ich generell wenig Golf schaue.“ Es hat immerhin gereicht, um ihn „scharf“ auf Italien und die 44. Ryder-Cup-Auflage 2023 im Marco Simone Golf & Country Club zu machen. „Ich weiß natürlich nicht, wie es bis dahin bei mir läuft, aber Rom steht ganz weit oben auf meiner Liste von Zielen, die ich erreichen möchte. Ich war vielleicht jetzt schon nahe dran, aber war eher darauf fixiert, mir meine Karte für die PGA Tour zu sichern. Nun habe ich zwei Jahre Zeit und werde mich voll und ganz darauf konzentrieren, in Rom dabei zu sein.“
Rory McIlroy, der Tänzer
Optimierungsbedarf: Rory McIlroy hatte keine optimale Ryder-Cup-Woche, musste erstmals bei einer Session aussitzen, blieb in den Vierern ohne Punkte, steuerte wenigstens in den Einzeln einen Sieg gegen Xander Schauffele bei und offenbarte anschließend, welcher Druck während dieses 43. Kontinentalduells auf ihm gelastet haben muss. Umso ausgelassener ging’s dann zu, als alle Stress sich aufgelöst hatte. Zur Siegesparty des US-Teams eingeladen, tanzte sich „Rors“ alles von der Seele. Ausgerechnet Schauffeles Caddie Austin Kaiser hat die Moves des Nordiren per Video festgehalten – und unsererseits bleibt nur festzuhalten, dass selbst ein McIlroy außer Form noch mindestens tausend Mal besser Golf spielt als er tanzen kann:
Rory wanted in on the Team USA celebrations (via austin_kaiser/IG) pic.twitter.com/bT0iDmBnBu
— GOLF.com (@GOLF_com) September 27, 2021
Ryder Cup wird rumgereicht
Triumphzug: Während Verlierer gemeinhin wie begossene Pudel heimreisen und sich ein paar Tage schütteln müssen, werden Gewinner und ihre Siegerbeute gern herumgereicht und vorgezeigt. Da macht auch der Ryder Cup keine Ausnahme, der entweder permanent von einem US-Team-Mitglied zum anderen wandert oder sich auf wundersame Weise geklont zu haben scheint. Jedenfalls kam selbst Harris English nicht mit leeren Händen als Star-Gast zum College-Football-Match seiner Alma Mater University of Georgia und deren Bulldogs gegen die Arkansas Razorbacks, das die Heimmannschaft mit 37:0 gewann:
A strong flex from @Harris_English. ?pic.twitter.com/imHvWlztko
— PGA TOUR (@PGATOUR) October 2, 2021
Alex Noren und sein phänomenaler Pitch
Kunstschlag: Der Road-Hole-Bunker auf dem Old Course von St. Andrews gehört zu den gefürchtetsten Sandlöchern der Welt, und das gilt auch, wenn der Ball nicht in dem Hindernis vor dem 17. Grün liegt. So, wie bei Alex Noren, dessen Murmel auf der abwärts führenden Kante balanciert. Was der Schwede am Samstag der Alfred Dunhill Links Championship aus dieser Lage macht, erst recht mit einer kurz gesteckten Fahne ist absolut sehenswert:
Similar position for Alex Noren.
Equally exceptional execution ?#DunhillLinks pic.twitter.com/RanYTMupLQ
— The European Tour (@EuropeanTour) October 2, 2021
Cameron Tringale: 14 Millionen Preisgeld ohne Tour-Sieg
„Geld-Rangliste“: Man muss weder Majorsieger sein, noch überhaupt auf der PGA Tour gewonnen zu haben, um mit Golf zum mehr als gemachten Mann zu werden. Natürlich ist das nur einem verschwindend kleinem Kreis vergönnt – im Vergleich zu all jenen, die es versuchen. Und auf der PGA Tour wird auch unverschämt viel Geld verteilt, von dem die Damen nur träumen können. Das sei noch vorausgeschickt, wenn es um dieses interessante „Golfweek“-Ranking derer geht, die es im Lauf ihrer Karriere auch ohne Tour-Erfolg auf mehr als zehn Millionen Dollar an Preisgeldern gebracht haben. Spitzenreiter ist der Kalifornier Cameron Tringale (34), der 2009 ins Profilager gewechselt ist und es mittlerweile 14.324.818 Dollar gebracht hat. Es folgen der Engländer Brian Davis (47) mit 13,3 Millionen seit 1994 und Briny Baird (49) aus Florida mit 13,2 Millionen seit 1995.
Ryder-Cup-Einzel: Knappe Million für acht Dollar
Volltreffer: Da hatte jemand entweder den siebten Sinn, ein magisches Auge – oder einfach nur eine Sternstunde und das richtige Händchen. Das Sportwett-Unternehmen „FanDuel sports book“ hat jetzt nahezu eine Million Dollar, genauer gesagt 966.290 Dollar, für einen Wettschein ausgezahlt, auf dem der Ausgang aller zwölf Einzel des Ryder Cup richtig angegeben waren. Und das für einen Einsatz von acht Dollar. Angesichts der drei Verlaufsmöglichkeiten – Sieg, Niederlage, Unentschieden – gibt es für die zwölf Richtigen rund 500.000 Möglichkeiten.
This is the sports bet of the year.
Bettor at @FDSportsbook wins on a $8, 12-leg Ryder Cup parlay, nets $966,290!
Bettor somehow predicted ties between Morikawa and Hovland and Spieth and Fleetwood ????? pic.twitter.com/I54jjl8rB8
— Darren Rovell (@darrenrovell) September 27, 2021
Wegen Einreiseverbot: Ungeimpfter Pro spricht von Nazis
Entgleisung: Der Tour-Professional Charlie Beljan (36) aus Arizona hat die Macher der Bermuda Championship vom 28. bis 31. Oktober im Port Royal Golf Club und gleich das gesamte britische Inselterritorium im Atlantik vor New York bezeichnet, nachdem die Regierung in Hamilton wegen der wieder angestiegenen Covid-19-Fälle nur noch ausländische Gäste mit Corona-Impfung einreisen lässt. Der 36-jährige Beljan ist nicht geimpft, musste das Turnier folglich absagen und setzte bei Twitter u. a. folgende Ausfälligkeit ab: „Fuck Bermuda and all you nazis pushing this agenda.“ Der Tweet ist mittlerweile gelöscht.
Das stille Örtchen als Amen Corner
Zum Schluss: Die Höhepunkte der Saison sind gespielt – bis auf das Finale der European Tour vielleicht –, und der Blick geht nach vorn. Erstes ganz großes Highlight des „normalen“ Jahrs 2020 mit lediglich den vier Majors ist das Masters vom 7. bis 10. April. Wohl dem, der sich sogar im Bad schon auf den Klassiker im Augusta National Golf Club einstellen kann. Oder anders: Das stille Örtchen als Amen Corner.