Gleich neun Schweizer sind beim Omega European Masters in Crans Montana am Start. Normalerweise sucht man die Eidgenossen auf den Startlisten der großen Turniere vergeblich. Der letzte große Triumph eines Schweizers liegt bereits fast 20 Jahre zurück: 1995 gewann André Bossert bei der Cannes Open auf der European Tour. Der inzwischen 50-Jährige ist der erfolgreichste Golfer seines Landes und hat als Einziger auch an zwei Majors teilgenommen: der British Open 1994 und 2005. „Der Golfsport entwickelt sich zwar gut, hat aber in unserem Land einen schweren Stand“, sagt Stefan Waldvogel von der Association Suisse de Golf (ASG).
Golfsport auch in der Schweiz mit elitärem Image behaftet
Was die Mitgliederzahlen angeht, hinkt der nationale Verband weit hinter den wesentlich beliebteren Sportarten Fußball, Eishockey, dem Skisport und anderen her. Die ASG befindet sich in einer Rangliste sogar nur auf Platz acht. „In der Schweiz gibt es zu wenig junge Leute, die sich für Golf interessieren. Die meisten Aktiven sind zwischen 40 und 50 Jahre alt“, sagt Waldvogel weiter.
Golf kämpft in der Schweiz noch immer damit, als Elitesport abgestempelt zu werden. Viele Clubmitgliedschaften kosten ein halbes Vermögen. Allein die Eintrittsgebühren betragen zum Teil über 10.000 Schweizer Franken, also umgerechnet über 8.000 Euro. Bis zum Breitensport ist es daher noch ein steiniger Weg. Gerne verweisen Kritiker des Systems auf einen durchaus interessanten Vergleich: Bei ähnlicher Bevölkerungsdichte zählt etwa Schweden so viele spielende Junioren wie die Schweiz aktive Golfer insgesamt.
Für 60 Euro vergleichsweise günstig spielen
Waldvogel erklärt allerdings auch, dass die Zahl der Mitglieder im Verband kontinuierlich steigt. In den vergangenen zehn Jahren hat sie sich sogar verdoppelt. Mittlerweile haben sich der ASG 96 Clubs und 88.000 golfende Mitglieder angeschlossen.
Einen großen Anteil daran, so Waldvogel, habe Migros, ein Schweizer Handelskonzern. Die Genossenschaft hat es sich seit 1995 zum Ziel gesetzt, Golf zum Volkssport zu machen. In der Vergangenheit hat Migros im Tennis einen vergleichbaren Fortschritt erzielt. Bereits sechs öffentliche Golfanlagen betreibt Migros in der Schweiz, dazu zwei sogenannte Golfcampus, also Trainingsanlagen mit Kurzplätzen. „Da kann man für 60 Euro vergleichsweise richtig günstig spielen“, sagt Waldvogel. Ein positiver Effekt: Migros spricht mit seinem Konzept immer mehr junge Leute an. Waldvogel berichtet etwa von jährlich über 2500 Teilnehmern bei Platzreifekursen.
Crans Montana und Davos locken auch die Profis in die Schweiz
Die traditionellen Golfclubs in der Schweiz hingegen sprechen eher die Golftouristen an. Im Kanton Graubünden, der größten Ferienregion der Schweiz, gibt es laut Waldvogel die höchste Golfplatzdichte Europas. „Das liegt aber nicht daran, dass hier so viele Golfer leben, sondern am großen Stellenwert des Tourismus in dieser Region“, erklärt er. Die Greenfeepreise sind nicht gerade günstig. Für 18 Löcher in Crans Montana oder Davos zahlt man rund 130 Euro. Im Durchschnitt kostet eine Runde auf den Anlagen in der Schweiz knapp 75 Euro. Das liegt auch an den ohnehin recht hohen Lebenshaltungskosten und an den vergleichsweise hohen Löhnen. „Man bekommt aber für sein Geld auch etwas“, sagt Waldvogel. Etwa gepflegte Anlagen und „rundherum ein herrliches Bergpanorama“.
Um international nicht nur als beliebte Golfdestination zu gelten, sondern künftig auch mit starken Ergebnissen im Spitzensport von sich reden zu machen, hat der Verband mittlerweile sein Ausbildungssystem verbessert. Mit Regionalkadern und Profitrainern bis hinunter zu den Jugendlichen um die 14 Jahre. „Das wird sicher noch eine Weile brauchen, bis das Früchte trägt“, glaubt Waldvogel. Zwei hat er dennoch bereits jetzt auf der Rechnung: Ken Benz (25) hat die Karte für die Challenge Tour im kommenden Jahr so gut wie sicher. Und bei den Frauen zählt Anais Maggetti (23) zu den großen Hoffnungen. Sie schloss das vergangene Jahr als 61. der Order of Merit auf der Ladies European Tour (LET) ab. Derzeit ist die Schweiz im Golf noch unterklassig, denn mit Martin Rominger (34), Damian Ulrich (30) und Raphael de Sousa (30) spielen die Besten des Landes allesamt auf der Challenge Tour.