Die letzten sportlichen Schlagzeilen der Saison 2024 auf der LPGA Tour gehörten nicht Nelly Korda, Lydia Ko oder Charley Hull, sondern einer jungen Thailänderin: Atthaya Thitikul, Spitzname Jeeno, gewann ihr erstes Turnier der abgelaufenen Spielzeit ausgerechnet beim Finale und ging nach der CME Group Tour Championship mit einem Vermögen nach Hause – jedenfalls für die Verhältnisse im Damengolf. Das Gesamtpreisgeld der 21-Jährigen für dieses Jahr beläuft sich auf 6,06 Millionen Dollar, das ist neuer Rekord im Damengolf.
Nach Hause bedeutet in Thitikuls Fall Nakhon Pathom, eine kleine Provinz, gut 50 Kilometer von Bangkok entfernt, der Kapitale des Königreichs. Das passt prima, richtet es doch den Blick auf jenen Teil der Welt, in dem sie im Alter von sechs Jahren den Grundstein für eine rasante Amateurkarriere und den Ruf als Shooting Star der LPGA Tour legte.
Deutschland ist wichtiger Markt, deutsche Gäste sind geschätzt
Es ist ein anderer Golfkosmos – zumindest für jeden, der erstmals oder allenfalls gelegentlich in Asien auf- und abschlägt. Dabei ist Deutschland für Thailand einer der wichtigsten Märkte, wie Siripakorn Cheawsamoot erklärt, der Direktor für internationales Marketing bei der Tourism Authority of Thailand, den Golf Post beim Thailand Golf Travel Mart 2024 im September in Bangkok trifft.
„Hinsichtlich der Gästezahlen liegt Deutschland in diesem Jahr noch hinter Großbritannien, aber ich denke, das wird sich ändern, weil die Hochsaison erst noch kommt“, sagt Cheawsamoot im Gespräch mit dem Autor. „Auch für den Golfmarkt im Besonderen sind die Deutschen sehr wichtig. Seitdem wir das Land nach der Corona-Pandemie wieder geöffnet haben, bleiben die Gäste aus Deutschland länger. Und sie geben dadurch vor Ort mehr Geld aus. Das ist vorteilhaft für die lokale Gemeinschaft – wir schätzen das sehr als Unterstützung der thailändischen Nation.“
„Die Regierung hat 2025 zu einem großen Tourismusjahr erklärt. Wir sind gerade in der finalen Phase des entsprechenden Konzepts und haben auch einige spezielle Aktivitäten für Deutschland geplant. Gäste, die unser Land bereits besucht haben, sollen Freunde mitbringen, die Thailand gern kennenlernen wollen. Und dann können sie einen oder mehrere unserer 250 Golfplätze ausprobieren – je nach Geschmack: ein entspanntes Spiel oder eine sportliche Herausforderung. Wir haben für alles die passenden Golfplätze in Thailand.“
Siripakorn Cheawsamoot vom Fremdenverkehrsamt Tourism Authority of Thailand
Bangkok: A city that never sleeps
In der Megametropole Bangkok freilich scheinen auch die eher bekannten Golfgründe in Pattaya, Hua Hin mit Thailands Vorzeigeplatz Black Mountain oder auf Koh Samui beinahe Lichtjahre entfernt. Gegen den Verkehr der Elf-Millionen-Stadt, die im 16. Jahrhundert als Fischerdorf am Chao-Praya-Fluss begann, ist die Rushhour in Berlin ein verkehrsfreier Sonntag. Zwei-, Drei- und Vierräder sorgen mit ihren Motorengeräuschen, mit dem Knattern der Tuk-Tuks, mit dem Hupen, Tuten, Klingeln für eine 24/7-Kakofonie, irgendwer ist immer unterwegs, und das in Zehntausenderpotenz. Kurz, Bangkok ist wie New York: A city that never sleeps.
Siam Country Club …
Da wirken die Golfplätze, mehr als 30 an der Zahl in der Metropolregion, wie grüne Refugien der Ruhe. Der Siam Country Club beispielsweise – nur 30 Autominuten vom Suvarnabhumi International Airport entfernt –, der sich mitten in einem Industrie- und Gewerbegebiet erstreckt, dessen Gebäudesilhouetten freilich von der anwachsenden Vegetation und vom Dauerlächeln der weiblichen Caddies auch sinnbildlich in den Hintergrund gerückt werden. Das 18-Loch-Ensemble ist Bangkoks jüngste Wiese, wurde 2022 angelegt, hat moderat modulierte und daher verzeihende Fairways, wenngleich hier und da mehr Wasser im Spiel ist, als dem Golfer lieb sein kann.
… und das reife Riverdale
Noch mal von anderer Substanz ist der Riverdale Golf Club, dessen Bahnen in die Senken des Chao-Praya-Deltas gelegt wurden und der seit der Eröffnung 2010 Gelegenheit zum Gedeihen hatte, was dem Auge und dem Spiel guttut. Ein früher Höhepunkt der Runde ist übrigens die Par-3-Acht, deren 139-Meter-Distanz ob des winzigen Inselgrüns und der einnehmenden Kulisse eine echte Herausforderung sind. Gut, dass der Kragen rund ums Grün wie ein Semi-Rough geschnitten und so borstig-dicht ist: Der etwas verzogene Ball hält, und am Ende steht doch das Par auf der Scorekarte.
Golfvergnügen in üppiger Landschaft
Riverdale ist reif und hat Charme, das macht die Runde zu einem Vergnügen in üppiger Landschaft. Wenngleich genau deswegen hier die Caddies noch mal anders gefordert sind als auf den Grüns des Siam Country Club: Weil ihre Tipps vom Abschlag bis zur Fahne spielentscheidend sein können – wegen des welligen Geländes, der durch den Erdaushub entstandenen Schilf-gesäumten Seen und der stattlich, nicht selten Topf-bebunkerten, zudem erhöht platzierten und subtil ondulierten Grüns.
Eine Armada von Caddies in Carts
Überhaupt, die „Bag Women“: Im Siam Country Club und in Riverdale erwartet jedes Mal eine ganze Armada von Caddies in Carts die Teilnehmer und Gäste des Golfreise-Kongresses. Das hat wenig gemein mit der Konstellation, die unsereins aus Schottland oder so kennt, wo zumeist knorrige, gelegentlich skurrile Typen den Looper geben: von Wind und Wetter gegerbt und von Expertise und Anekdoten förmlich getränkt – manchmal ist auch ein Wee Dram Whisky dabei.
Taschenspielertricks mit Murmel und Münze
In Thailand tragen die Caddies keinen Überwurf (Bib), sondern sind in Clubfarben gekleidet und durchnummeriert, gegen Sonne und Hitze überdies komplett vermummt. Sie steuern das Cart, reichen eisgekühlte Tücher und meist den richtigen Schläger, weisen die Spiellinie und kommentieren den Schlag je nach Qualität mit artigem Ah oder verhaltenem Oh. Sie halten Tees und Ballmarker vor, reparieren den Rasen, reinigen Blatt und Ball, und die Geschicklichkeit, mit der sie auf den Grüns Murmel und Münze tauschen, hat was von Taschenspielertricks. Es gäbe noch viel zu sagen über Thailands weibliche Caddies, über Traditionen und Tatsachen – aber das ist eine separate Story – demnächst.
Großer Palast und liegender Buddha
Hier und jetzt aber zurück auf die Straße, in die Schluchten von Bangkok. Den Sehenswürdigkeiten der Stadt, deren Thai-Bezeichnung im lateinischen Alphabet 168 Buchstaben hat, sind Millionen Worte in unzähligen Reiseführern gewidmet. Daher sollen an dieser Stelle der große Palast auf einer Fläche von mehr als 200.000 Quadratmetern und mit dem Tempel des Smaragd-Buddha (Wat Phra Kaeo), der Tempel des liegenden Buddha (Wat Pho) oder der Wimanmek-Palast als größtes Teakholz-Gebäude der Welt lediglich genannt werden.
Die Gastrokultur der Garküchen
Straße ist indes das Stichwort für eine andere Besonderheit dieser chaotischen City, die natürlich erwähnt werden muss. Es gibt reizende Restaurants jedweder Küche und Stilrichtung, aber eigentlich muss man zum Essen auf die Straße: an die stationären und mobilen Garküchen und Marktstände (Fotos unten), die jedes Trottoir säumen und für die abends sogar Fahrspuren gesperrt, Tische aufgestellt und Gaskocher entflammt werden, um zu fabrizieren, was die von chinesischen, indischen und europäischen Einflüssen geprägte Landesküche anbieten hergibt. Einem deutschen Ordnungsamt’ler würden die Haare zu Berge stehen, manches ist mehr als exotisch, das meiste jedoch ungemein schmackhaft.
Vom Michelin empfohlene Shrimp Dumplings
Das gilt erst recht für die Kulinarik in Chinatown, das sich am besten per Fähre über den Chao Praya – Skyline-Seeing inklusive – und den Anleger am Rachawong Pier erreichen lässt. Schon der Bummel über die trubelige Yaowarat Road ist sinnverwirrend, aber erst richtig eindrucksvoll wird Chinatown, wenn man mit einem kundigen Führer ins Labyrinth der Gassen eintaucht und Auslagen passiert, über deren Angebot besser der Mantel des Schweigens zu breiten ist. Ein Muss indes ist das Töpfchen Shrimp Dumplings aus Jok’s Kitchen (Fotos unten); die mit Garnelenfleisch gefüllten Knödel aus Reismehl gehören zur ersten Liga der Streetfood-Empfehlungen des Michelin-Gourmetguide für Bangkok.
Topgolf Megacity und ein ganzes Golf-Einkaufscenter
Vom Gastrotipp wieder zum Golf. Bangkok hat seit Sommer 2022 eine Topgolf-Dependance, die sinnigerweise den Namen Topgolf Megacity trägt. Und es gibt sogar ein ganzes Golf-Einkaufscenter. Auf vier Stockwerken findet sich in der Thaniya Plaza alles, was das Herz begehrt – von den großen Marken bis zum typisch asiatischen Tinnef. Am Bordstein der anderen Straßenseite warten übrigens die Damen des Nightlife vor Etablissements mit dem vielsagenden Namen Phoenix Club, Mikado oder Happy Time auf Kundschaft. Golf und „Gastgewerbe“ Tür an Tür – auch das ist Bangkok.
Disclaimer: Der Autor besuchte Thailand auf Einladung der Tourism Authority of Thailand (TAT/Thailändisches Fremdenverkehrsamt) zum Thailand Golf Travel Mart 2024. Der Text basiert auf den Erlebnissen und Eindrücken vor Ort.
Die Reise wurde ermöglicht durch unseren Kooperationspartner www.golfasien.de. Ähnliche Reisemöglichkeiten finden Sie online unter diesem Link hier.