Der Sieger des Golfturniers heißt mal wieder Scottie Scheffler. Doch eigentlich hätte der Golfsport selbst heute, am Finaltag des fünften Golfturniers bei den Olympischen Spielen, aufs Podest gehoben werden müssen. Was sich vier Tage lang im Le Golf National, der Kaderschmiede der Federacion Francais de golf, abgespielt hat, war die beste Werbung für den Sport, die man sich hätte wünschen können.
Vergessen sind all die Diskussionen, die bei der Rückkehr des Golfsports auf die olympische Bühne bei den Spielen von Rio nach 112-jähriger Abstinenz geführt wurden. Keine Tradition, sagten damals manche, das Teilnehmerfeld nicht gut genug, andere. Überhaupt ginge es im Golf um Major-Titel und sonst nicht viel. Hörte und sah man den Teilnehmern dieser Tage auch nur wenige Sätze zu, stellte man schnell fest, dass sich das Blatt gewendet hat.
Mit Platzrekord entreißt Scottie Scheffler der Konkurrenz die olympische Goldmedaille. Die besten Bilder des emotionalen Finals.
Olympische Atmosphäre und großer Sport
Scheffler weinte hemmungslos, als die amerikanische Flagge gehisst und die Hymne abgespielt wurde. Als einen der "stolzesten Momente" seines Lebens bezeichnete Silbermedaillengewinner Tommy Fleetwood die Siegerehrung. Der Australier Min Woo Lee und der Südafrikaner Eric von Rooyen nannten es unisono die "größtmögliche Ehre für einen Sportler", das Nationaltrikot tragen zu dürfen. Niemand dachte auch nur daran, Vergleiche zu anderen Turnieren zu ziehen.
Sportlich gesehen war es einer der absoluten Höhepunkte des Jahres und an Spannung kaum zu überbieten. Als die letzten Gruppen auf die 18 kamen, gab es noch so viele Optionen wie selten. Ein gleichzeitiges Stechen um Platz eins und drei wäre möglich gewesen, genauso wie späte Positionswechsel auf allen Medaillenplätzen. Die Athleten zeigten Bestform und Emotionen. Das Publikum war begeistert.
Doch das waren die Zuschauerinnen und Zuschauer, die jeden der vier Turniertage auch das letzte der 30.000 Tickets gekauft hatten, auch schon an den drei Tagen zuvor. Sie jubelten, sangen, feuerten an, munterten auf und unterstützen die Golfer wo es nur ging. Dabei feierten die Französinnen und Franzosen natürlich vor allem ihr Landmänner, doch auch alle anderen bekamen ihr Stück vom akustischen Kuchen ab. Zumal das Publikum bunt gemischt aus aller Herren Länder gekommen war. Matti Schmid durfte sich über eigens für ihn gedichtete Lieder freuen und hoffte, dass sich das bei anderen Turnieren fortsetzen werde.
Packed house for Scottie Scheffler off the first!#OlympicGolf | @TeamUSA | @USAGolf pic.twitter.com/fxqtFyEoDf
— Olympic Golf (@OlympicGolf) August 4, 2024
Ausverkauftes Haus und viele neue Fans
Herren-Bundestrainer Uli Eckhardt hatte noch nie "so oft Gänsehaut wie hier", gab er im Interview mit Golf Post zu. Die Atmosphäre glich einem Volksfest, dabei ging der Respekt gegenüber dem Spiel und den Akteuren nie verloren. Viele Fans waren bisher nicht mit dem Golfsport in Berührung gekommen. Die Neugier hatte sie an die Fairways und Grüns getrieben. Vielleicht auch der Mangel an den schwer zu ergatternde Tickets für andere Wettkämpfe. Oder einfach nur die Lust, bei Olympischen Spielen dabei zu sein, ganz egal in welcher Disziplin die Athleten ihres Heimatlandes zu unterstützen.
Vielleicht war es nicht immer ganz so leise wie auf der Tour, wo eigentlich nur Fachpublikum unterwegs ist. Doch genau das machte die Atmosphäre so erfrischend und besonders. Man kann nur hoffen, dass sie alle wiederkommen und dem Golfsport so schnell wie möglich wieder zu dieser Kulisse zu verhelfen. Egal wen man fragte, kein Spieler hatte mit diesem Zuspruch gerechnet. Alle zeigten sich beeindruckt, dankbar und beseelt von diesem Turnier. Ganz egal, auf welchem Platz sie gelandet waren. Dieses Turnier wurde Olympischen Spielen mehr als gerecht. Ja, es hätte dank der sportlichen Dramatik, der Demut der Athleten und der fantastischen Fans eine eigene Goldmedaille verdient.
