Reportagen über Golf-Anlagen fangen selten auf dem Parkplatz an. Aber im Fürstlichen Golf-Ressort Bad Waldsee muss es sein. Es sind nicht die Nobelkarossen die dort Aufsehen erregen. Die gleichen Marken finden sich auf vielen anderen Golfplätzen. Es sind die Kennzeichen der Fahrzeuge. „Bern, Zürich, Basel“… kaum eine Schweizer Stadt oder ein Kanton fehlt. Dazwischen Autos aus Österreich und Deutschland, quasi als Lückenfüller.
„Es hängt damit zusammen, dass 75 Prozent unserer Gäste aus der Schweiz kommen“, sagt Claudia Binoth lachend, die zusammen mit ihrem Mann Sascha das Ressort leitet. Die Grenze am Bodensee liegt nur etwa 40 Kilometer entfernt und das oberschwäbische Golf-Ressort ist sehr angesehen in Baden-Württemberg.
Ein Old-Course, der an einen englischen Park erinnert
Was beim Old-Course anfängt, der laut Deutschem Golfverband zu den 20 anspruchsvollsten Plätzen in Deutschland zählt. Die ersten neun Bahnen wurden bereits 1969 gebaut und einige Jahre später auf 18 Löcher erweitert. Vorneweg eines: der Old-Course gleicht einem englischen Park. Was zum einen an den dichten Baumreihen liegt, die viel Schatten spenden, dafür jedoch die Fairways schmal halten, was wiederrum präzise Schläge verlangt. Beispielsweise Bahn 1, eine Par-5-Bahn mit 476 Metern ab Gelb und 439 Metern ab Rot. Es ist ein wohl temperierter Einstieg in die Golfrunde. Bei knapp 200 Metern biegt sich die Bahn nach links… Mit drei Schlägen auf dem zu liegen Grün ist möglich, mit vier Schlägen jederzeit zu machen.
Der erste Höhepunkt ist Bahn 4 (Gelb 448 Meter; Rot 396 Meter). Das schmale Dogleg nach links bei rund 220 Metern (Gelb) und 174 Metern (Rot) ist auf beiden Seiten mit Bunkern versehen. Die Par-5-Bahn zwingt zu risikoreichen Transportschlägen und zu einem taktischen Abschluss. Das Fairway endet rund 57 Meter vor zwei Teichen, hinter dem sich direkt das nur 22 Quadratmeter große Grün anschließt. Die Aus-Grenzen sind nah.
Die Teiche kommen auch auf der nächsten, der fünften Bahn, wieder ins Spiel. Das Par-4 (Gelb 391 Meter; Rot 326 Meter) bietet danach kaum Schwierigkeiten. Ein leichtes Dogleg nach rechts und zwei Schutzbunker vor dem Grün stellen kein all so großes Hindernis für ein Par dar.
Die Bahn 8 gilt als die schwierigste Bahn, vermutlich wegen des ersten Schlages. Eine schmale Furt durch die Sumpfwiesen bei 140 Metern (Gelb) verlangt einen sehr präzisen Drive. Wenn nicht, dann wird es schwer den Ball wieder zu finden. Der Verzicht auf den Driver und dafür der Griff nach einem langen Eisen ist keine schlechte Entscheidung. Wer diese Hürde überwunden hat, braucht auf dem Weg zum Grün nicht mehr viel fürchten.
Vergnügen über den Golfsport hinaus
Die Kurstadt Bad Waldsee, mit knapp 20.000 Einwohnern, liegt im Landkreis Ravensburg. Das Golf-Ressort entstand auf den Hofgutsflächen „Hopfenweiler“ des Fürsten zu Waldburg-Wolfegg und Waldsee mit insgesamt 340 Hektar, die sportlich deutlich mehr bieten als nur die 45 Löcher der drei Golfplätze. Darunter auch ein öffentlicher 9-Loch-Akademie-Platz. Claudia Binoth fasst zusammen: „Eine 4,2 Kilometer lange Mountain-Bike-Strecke mit Sprungschanzen, ein großes Bogensport-Zentrum mit über 80 Zielen, ein Wanderwege-Netz von mindestens 20 Kilometern, zwei Eistock-Bahnen.“
Die ersten Neun enden mit einem langen Par-3 (Gelb 172 Meter; Rot 152 Meter). Am Rande ein Teich, dazu zwei lange Bunker schützen das ebenfalls kleine Grün. Die Bahn 10 (Par 3, Gelb 198 Meter, Rot 168 Meter) ähnelt der 9 und bieten ebenfalls gute Chancen den Score niedrig zu halten. Erwähnenswert sind noch die elfte Bahn, ein mit 423 Metern (Gelb) oder 365 Metern (Rot) langes Par-4 und vor allem die 12, ein Par-5 (Gelb 492 Meter; Rot 434 Meter).
Das Fairway ist hier wieder schmal und hat versteckte Tücken mit großen Bunkern und noch größeren Bäumen teilweise mitten auf dem Fairway. Rund 80 Meter vor dem Grün steht beispielsweise eine 25 Meter hohe Tanne, daneben ein breiter Bunker. Beide zusammen bilden einen Riegel vor dem mit drei kleinen Bunkern geschützten Grün. Golflehrer Tomek Dogil, ein früherer Tourspieler zeigt, wie man das Hindernis lässig überwindet. Mit dem Wedge schlägt er den Ball über den Baum, der dann zwei Meter vom Loch entfernt liegen bleibt. Der Rest ist schnell erzählt: die Bahnen 16, 17 und 18 lassen die Runde auf dem Old-Course entspannt ausklingen. Weinschorle, Weizen oder Kaffee mit Rübli-Torte warten schon auf der Terrasse vom Café-Restaurant „Ausblick T- 19.“
Beliebtes Reiseziel mit einmaligen Besonderheiten
Der Club hat rund 1.000 Mitglieder. Etwa zehn Prozent kommen aus der Schweiz. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 1.830 Euro und bietet die Spielberechtigung auf allen 45 Bahnen. Wie viele Greenfees (95 Euro) jährlich verkauft werden, kann Geschäftsführer Sascha Binoth nicht beantworten. Was daran liegt, das sich der Club spezialisiert hat auf Gruppenreisen. Das sorgte in den vergangenen Jahren für eine hohen Frequenz auf den Golf-Bahnen und „für eine Auslastung unseres Golfhotels von bis zu 97 Prozent“. Der Tipp des Managers: „Früh buchen lohnt sich.“ Aus diesem Grund will der Geschäftsführer das Übernachtungsangebot erweitern. Binoth: „16 Chalets kommen dazu.“ Außerdem weitere Hotelzimmer und ein neues Sportangebot. „Wir wollen künftig Rasen-Tennisplätze anbieten.“ Das Ressort bietet zusätzlich Stellplätze für 35 Campingwagen. Das besondere Schmankerl: für 99 Euro pro Tag inklusive Frühstück können auch exklusive Reisemobile vor Ort gemietet werden Eine preisliche Alternative zum Vier-Sterne-Hotel. Vermutlich ist das Fürstliche Ressort damit bundesweit das Einzige, das diesen Service anbietet.
Abwechslung auf dem New-Course
Wer nicht viel übrig hat für taktisches Golfspielen wird auf dem New-Course glücklich. Die Architekten Thomas Himmel und Carl Knauss haben die Fairways lang und breit angelegt. Ein Beispiel. Bahn 5 (Par-5) mit einer Länge von knapp 550 Metern ab Gelb und 468 Metern ab Rot. Ein scharf nach links abbiegendes Dogleg bei zirka 200 Metern ist leicht zu überspielen. Bahn 7 (Par-4, Gelb 379 Meter; Rot 299 Meter ) gibt einen Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Das erste Hindernis: ein schmaler, dicht bewachsenen Schilf-Graben, dann ein Dogleg nach rechts direkt neben den ersten Teich. Die fünf verstreut liegenden Bunker machen das Spiel nicht einfacher.
Ab der zwölften Bahn (Par 4) endet das bis dahin entspannte Spiel. Der Drive von Gelb (350 Meter) und Rot (296 Meter) muss in der Mitte des Fairways landen, sonst kommt man dem Rand des "kleinen Schloss-Sees" gefährlich nah. Das ovale Grün liegt direkt hinter dem Teich und wird zusätzlich von Bunkern umrahmt. Auf der 13 und 14 lauern gleich hinter dem Abschlag Feuchtwiesen, die überwunden werden müssen. Hier ergeben sich schnell Doppelbogeys und mehr. Auf Bahn 15 wird es spektakulär. Ein Inselgrün im drei Hektar großen „Fürst Johannes See“ mit einem großen Bunker wartet auf die Golfer. Ein Schlag von Gelb muss mindestens 145 Meter lang sein, von Rot sind es noch 117 Meter. Nach zwei oder mehr verlorenen Bällen wirkt die Drop Zone erleichternd. Danach tief Luft holen und entspannt geht es weiter bis zur 18.
Sonderangebote im Herbst und Winter im Golf-Ressort Bad Waldsee
Sascha Binoth hebt den Zeigefinger, was so viel bedeutet wie „Wir sind noch nicht fertig". „Die LED-Nachtgolfanlage“, ergänzt seine Ehefrau und verweist auf den Kurzplatz, der ab August abends zu neuem Leben erweckt wird. Alle Bahnen sind mit farbigen LED-Bändern beleuchtet, ebenso die Grüns. Gespielt wird mit Leuchtbällen um den kleinen Fürstin Sophien-See. Spätestens ab November werden dann die LED-Bänder zu einem Teil des Kulturprogrammes „Fürstliches Winterleuchten“ bei dem fünf Kilometer der Wanderwege mit mehreren 10.000 Lichtern farbig illuminiert werden. Soweit der Herbst. Im Winter wird auf dem Golfgelände eine 27 Kilometer lange Langlaufloipe gespurt. Auf Golf bracht niemand zu verzichten. Das Ressort bietet eine Trackman-Indoor-Anlage.
16 Greenkeeper kümmern sich um die Plätze und um die Natur drumherum, zu der weitläufige Streuobstwiesen gehören und große Blühwiesen. „Wir haben eine fantastische Artenvielfalt“, so Claudia Binoth, darunter 47 Wildkräuter, Schlüsselblumen und Orchideen. Was dazu beiträgt, dass das Fürstliche Golf-Ressort von Tieren geschätzt wird. Angefangen bei Rehen über Kreuzottern und Wasser-Fledermäusen. Schlusssatz der Managerin: „Wir haben fast alles.“