Vom 9. bis 13. Juli 2024 findet auf dem Diamond Course des Diamond Country Clubs eines der großen Highlights im europäischen Amateurgolf statt - die European Boys Team Championship. In Atzenbrugg, Österreich, kämpfen die 16 besten U18-Nationalteams aus ganz Europa um die Jean-Louis Dupont Trophy. An den ersten zwei Tagen findet die Qualifikation im Strokeplay-Format statt. Für die acht besten Nationen nach zwei Runden geht es an den restlichen drei Turniertagen um den Europameistertitel. Stars wie Ludvig Åberg oder Viktor Hovland haben auf ihrem Weg zur Weltspitze an diesem Event teilgenommen und auch heuer sind wieder einige Stars von morgen zu sehen. Der bekannteste Teilnehmer in diesem Jahr ist Kris Kim (England), der Anfang Mai mit 16 Jahren sein PGA-Tour-Debüt gab.
Mit dabei in Österreich ist auch das deutsche Nationalteam, gecoacht von Bundestrainer Christoph Herrmann. Unter seiner Führung gewann das deutsche U18-Nationalteam im Jahr 2022 auf dem heimischen GC St. Leon-Rot den Europameistertitel im Amateurgolf. Im Interview vor der European Boys Team Championship 2024 sprach Herrmann unter anderem über die Erwartungen, seine Schützlinge und was solche Events bei den Spielern bewirken.
Amateurgolf: Das Interview mit Erfolgscoach Christoph Herrmann
Golf Post: Wie hoch sind die Erwartungen an das Turnier? Deutschland hat ja in den letzten Jahren sehr gut abgeschnitten bei diesem Event.
Christoph Herrmann: Die Erwartungen an das Turnier und seine Bedeutung für die Athletenentwicklung sind bei einer Team-EM stets hoch. Für die Mannschaft ist das fraglos der Saisonhöhepunkt und für viele Spieler das bisherige Karrierehighlight.
Eine Ergebniserwartung ist stets schwer zu formulieren. Das in den letzten Jahren so erfolgreiche Team ist dem Jungenalter entwachsen. Der Generationswechsel ist vollzogen. Das Team ist international unerfahren. Einer der Top-Leistungsträger (Tjelle Rieger - GC St. Leon-Rot) ist verletzt und nicht dabei. Alle Vorzeichen deuten darauf hin, dass das Ergebnis des Turniers vornehmlich in wichtigen Erfahrungen besteht, die dann eine neue Top-Generation katalysieren. Nichtsdestotrotz wird eine hoch motivierte und gut vorbereitete Truppe in Österreich an den Start gehen, der man aber mit überzogener Ergebniserwartung gleichsam nicht gerecht und einen Bärendienst erweisen würde.
Golf Post: Inwiefern haben Sie sich schon mit dem Golfplatz, dem Tour-erprobten Diamond Course, auseinandergesetzt? Was ist Ihre Meinung zum Platz?
Christoph Herrmann: Selbstverständlich hat sich die gesamte Mannschaft mit ihren Betreuern intensiv mit dem Turnierplatz beschäftigt. Eine Europameisterschaft im Nachbarland lässt ja problemlos eine gute Vorbereitung zu. Der Platz ist eine mehr als EM-würdige Herausforderung - hochselektiv und anspruchsvoll. Österreich wird dort eine großartige EM auf einem absoluten Spitzenplatz ausrichten und unserem Lernprozess wird dieses Event einen spürbaren Boost verpassen. Wir freuen uns riesig darauf!
Golf Post: Wer wird für Team Deutschland antreten? Was zeichnet das Team aus?
Christoph Herrmann: Für die Team-EM der Jungen 2024 sind Michael Mayer (GC München-Valley), Niklas Rehmann (GC Dresden-Ullersdorf), Nico Kregler (Hamburger GC Falkenstein), Nils Levi Bock (GC St. Leon-Rot), Jasper Pippig (GC Hannover) und Leopold Heß (GC Holledau) nominiert.
Das Team hat einen starken und sehr geschlossenen Mannschaftsgeist. Die Vorbereitung hat gezeigt, dass gerade Team-Events bei diesen Spielern Energien freisetzen. Auch das Matchplay-Format liegt der jungen Truppe. Das hat sie beispielsweise mit einer starken Bronzemedaille bei einem Acht-Länder-Turnier für Herrenteams im Januar gezeigt. Michael Mayer hat die U16-Wertung der French Boys Championship gewonnen, die auch in der EM-typischen Kombination aus Zählspielqualifikation und anschließenden Matchplays ausgetragen wird. Und Leopold Heß ist amtierender Deutscher Lochspielmeister, was für so einen jungen Nachwuchsspieler mehr als bemerkenswert ist.
Golf Post: Wer sind die größten Konkurrenten? Gibt es auch Youngsters, auf die man in den nächsten Jahren aufpassen sollte?
Christoph Herrmann: Im europäischen Jugendgolf gibt es natürlich die "üblichen Verdächtigen", die jährlich konkurrenzfähige Teams an den Start bringen können: England, Spanien, Schweden, Frankreich und Italien. Hinzu kommen Nationen, die seit Jahren stärker werden, wie Tschechien und meist ein Land, dass im Jugendbereich vielleicht gerade eine tolle Generation am Start hat. Österreich wird versuchen, seinen Heimvorteil zu nutzen. Persönlich beeindruckt mich das sehr starke französische Team, das aus meiner Sicht in diesem Jahr der Topfavorit ist.
Aus deutscher Sicht hoffen wir, mehrere für die Zukunft starke Athleten am Start zu haben. Hier möchte ich tendenziell niemanden hervorheben. Vom Alter und dem aktuellen Entwicklungsstand her betrachtet, ist Nils Levi Bock derzeit am nächsten an der Topspitze Europas dran.
Golf Post: Vorausgesetzt es geht einmal auf den Profizirkus: Wie wichtig sind solche Events für die Entwicklung und den Reifeprozess der Spieler?
Christoph Herrmann: Eine Team-EM ist ein Motivationswunder! Es gibt wenige, die nach einer Teilnahme noch den Gedanken ans Profi werden aufgeben. Der Vorbereitungszyklus arbeitet auf das Highlight hin und die Herausforderung ist körperlich, mental und golferisch vollkommen. Speziell im Jugendbereich hat dieses Turnier eine absolute Ausnahmestellung und höchste Wertigkeit für die Nachwuchsentwicklung. Je nach Ergebnis resultieren andere Lernfortschritte - alle von höchster Bedeutsamkeit und durch die emotionale Tiefe des gemeinsamen Erlebnisses potenziert.