Happy Birthday PIF-Pakt. Nachträglich. Allerhand ist passiert, seit das Rahmenabkommen zwischen PGA Tour und saudi-arabischem Staatsfonds vor einem Jahr wie ein Blitz aus bewölktem Himmel im Profigolfbetrieb der Männer eingeschlagen ist, doch nach wie vor ist die geplante Zusammenarbeit in der rein kommerziell ausgerichteten Unternehmung PGA Tour Enterprises kaum mehr als ein Lippenbekenntnis.
Das hat mannigfache Ursachen, die mit dem amerikanischen Justizministerium und dem Untersuchungsauschuss des US-Senats, mit den Forderungen der Saudis und dem Widerstand maßgeblicher Spieler im Verwaltungsrat der PGA Tour zu tun haben. Man könnte auch sagen: Eine Menge heiße Luft und viel Lärm um nichts.
Erstmal Treueboni und Verdienstprämien
Natürlich stimmt das nicht ganz. Immerhin hat die Tour, von ihrem Commissioner durch die Kosten der Rechtsstreitigkeiten mit der LIV Golf League und die Inflation von Preisgeldern und Prämien an den Rand des Ruins getrieben, frisches Geld generieren können. Kaum, dass Ponte Vedra Beach sich für fremde Freier geöffnet und die Bereitschaft für eine Buhlschaft öffentlich „ausgeschrieben“ hatte, stellte sich mit der Strategic Sports Group (SSG) ein Konsortium aus dem amerikanischen Sportbusiness ein, samt Mitgift von drei Milliarden Dollar.
Die erste Hälfte ist bereits als Morgengabe geflossen; der Löwenanteil wurde in Form von Treueboni und Verdienstprämien unters Tour-Volk geworfen statt richtung- und zkunftweisend investiert zu werden – das passt zur Tour.
Verflechtungen zwischen SSG und „Shadow Commish“ Woods
Die Partnerschaft mit der SSG in den PGA Tour Enterprises hat ohnehin pikante Aspekte. Beispielsweise hatte Senator Richard Blumenthal, der Vorsitzende des Senats-Untersuchungsausschusses, genau dies bei der hochnotpeinlichen Befragung der Tour-Emissäre angemerkt: Warum habe sich die Tour nicht erstmal im eigenen Land nach potenziellen und potenten Partner umgesehen, anstatt direkt mit den Saudis anzubandeln?
Weiters wären da beispielsweise die Verflechtungen zwischen den handelnden Personen der SSG, allen voran deren Frontmann John Henry von Fenway Sports, und TMRW Sports. Die gemeinsame Firma von Tiger Woods und Rory McIlroy ist Muttergesellschaft des im Januar 2025 endlich debütierenden Indoorspektakels TGL. Und eine Menge SSG-Teilhaber sind dort als Teameigner engagiert.
Das Narrativ vom Opferlamm
Apropos McIlroy. Der Nordire warf fast zwei Jahre lang sein Gewicht gegen LIV in die Waagschale, rief sich darin auf und fühlte sich doch „wie ein Opferlamm“, als „Commish“ Jay Monahan und PIF-Boss Yasir Al-Rumayyan an jenem 6. Juni 2023 im TV-Studio von CBS den Schulterschluss verkündeten und damit die gesamte Branche vermeintlich kalt erwischten. Auch das ist ein sorgsam gepflegtes Narrativ: McIlroy hatte Al-Rumayyan schon vorher getroffen und war derart angetan, dass er dringende Gespräche mit dem Saudi-Fürsten empfahl; dank des engen Kontakts mit Jimmy „Dealmaker“ Dunne dürfte das Outing für „Rors“ weit weniger überraschend gekommen sein, als er glauben machen will.
PIF-Antipathie im Policy Board
Und sonst? Es gab Rückrittsforderungen an die Adresse von Monahan und öffentlich deklarierte Vertrauensverluste, namentlich von Xander Schauffele, die bis heute anhalten. McIlroy wähnte seine Aufgabe im Policy Board der Tour erledigt und dankte ab, um sich wieder auf den Sport zu fokussieren. Oder er demissionierte wegen seines Intimfeinds Patrick Cantlay, den er öffentlich als „Prick“ bezeichnet.
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Vielleicht lag’s auch an der latenten PIF-Antipathie in dem von Woods und Cantlay dominierten Gremium. McIlroys Nachfolger Jordan Spieth hatte nichts Eiligeres im Sinn, als den Saudis eine versteckte Watsch’n zu verpassen: Dank der Partnerschaft mit der SSG in den PGA Tour Enterprises brauche man den PIF fürs Erste nicht.
Der Warnschuss namens Jon Rahm
Prompt herrschte Knies zwischen McIlroy und Spieth. „Ob es uns nun gefällt oder nicht, der PIF wird weiterhin Geld für Golf ausgeben. Wir haben es mit einem der größten Staatsfonds der Welt zu tun: Will man den lieber als Partner oder zum Feind haben?“, lautete McIlroys ehe rhetorische Frage. Kurz darauf sah er sich bestätigt, als Al-Rumayyan die Muskeln spielen ließ und der anderweitig flirtenden Tour mit der Verpflichtung von Jon Rahm eine weithin hallenden Warnschuss vor den Bug setzte.
Genau so ist McIlroys Sinneswandel zu verstehen. Für ihn gilt die historische Erkenntnis: „Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen“. Vermutlich hatte deswegen der Pakt mit dem PIF auch für Monahan Priorität.
Norman zementiert LIV auf lange Zeit
Sei’s drum, es ging monatelange nicht voran. Deadlines wurde verschoben, Dealmaker Dunne, der Strippenzieher hinter dem Rahmenabkommen, und andere Mitglieder des Policy Board sind zurückgetreten, „weil kein Fortkommen erkennbar ist“ (Dunne). Es gab das Bahamas-Meeting, als Al-Rumayyan bei Woods zur Audienz antreten durfte – was nette Schlagzeilen produziert, aber in der Sache auch nicht weiterhalf.
Derweil zementiert der ohnehin von all dem nie erschütterte LIV-Impresario Greg Norman in seinem Hauptquartier in Florida weiter am alternativen Golf-Imperium – dank der Rückendeckung durch De-Facto-Eigentümer Al-Rumayyan, der sich wie jeder clevere Geschäftsmann seine Optionen offen hält.
Mittlerweile 200 Mitarbeiter und Filiale in New York
LIV Golf hat noch mal hochrangige Manager verpflichtet und mittlerweile rund 200 Mitarbeiter. Jüngst wurde zudem nebst dem Hauptquartier in Florida ein Büro in New York eröffnet. „Ich glaube nicht, dass LIV in den nächsten Jahren an Fahrt verlieren wird“, sagt McIlroy mittlerweile über den Konkurrenzcircuit und wollte zurück ins Policy Board, um den Verhandlungen neuen Schwung verleihen.
Das freilich missfiel Woods, Spieth und Cantlay, denen McIlroys Bewunderung für Al-Rumayyan schwer im Magen liegt und die ohnehin mit dem LIV-Konzept fremdeln, das nicht weit entfernt ist von McIlroys Vision einer World Tour. Tatsächlich kristallisiert sich ein vornehmlicher Grund für all die Zögerlichkeiten beim Aushandeln des finalen Abkommens mit dem PIF heraus – die US-Fokussierung der aktiven Spieler im Tour-Beirat.
Spieth, Cantlay und Co.: Keinen Bock auf globale Tingelei
Wenngleich kluge Köpfe immer wieder mahnen, die brach liegende Märkte in Fernost oder in Australien zu adressieren und zu erschließen, überdies und auf das Beispiel des erfolgreichen LIV-Gastspiels im australischen Adelaide verweisen: Spieth, Cantlay und Co. haben einfach keinen Bock, rund um den Globus zu tingeln. Das hat übrigens gleichermaßen Billy Horschel in einem Podcast mit dem Portal „The Fried Egg“ bestätigt:
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In den vergangenen Tagen indes ist wieder Bewegung in die Sache gekommen. Einmal mehr bestätigt sich dabei die Binse „Money makes the world go round“. Oder anders: Die treibenden Kräfte im Policy Board haben ihre Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Wann gastiert die NFL in Riad?
Und zwar im Wortsinn: Dem Vernehmen nach hat die Strategic Sports Group der PGA Tour nämlich die Pistole auf die Brust gesetzt und die Auszahlung der zweiten 1,5-Milliarden-Tranche von einer Einigung mit dem PIF abhängig macht. Autsch.
Aber nur folgerichtig, versprechen sich die US-Sportmagnaten noch ganz andere Deals, wenn sie auf diese Weise elegant mit dem PIF ins Geschäft kommen; eine solche Minderheitspartnerschaft dürfte dann auch für den US-Senat akzeptabel sein. Saudi-Arabien is nun mal die neue Großmacht im Weltsport, die alles kaufen kann, was ihr beliebt. Und das ja auch tut, wenn es ihr beliebt – siehe Rahm. Da stellt sich beinahe die Frage, wann wohl die National Football League oder die Major League Baseball in Riad gastiert?
Gipfeltreffen mit Al-Rumayyan in New York
Also wurde am Freitag des Memorial Tournament ein Gipfeltreffen der besonderen Art angesetzt. In New York trafen sich das unlängst ins Leben gerufene siebenköpfige Verhandlungskomitee von PGA Tour Enterprises mit den PIF-Vertretern – SSG-Frontmann John Henry war dabei, und Al-Rumayyan höchstselbst reiste ebenfalls an. Wie üblich publizierte man anschließend eher dünne Statements wie die schon fast lächerliche Erzählung von Adam Scott, man habe anfangs nicht gewusst, wie der Wirtschaftswesir der Saudi anzureden sei, dessen offizieller Titel „Seine Exzellenz“ lautet. Doch Al-Rumayyan habe allen formellen Krampf einfach beiseite gewischt und sich mit „Hallo, ich bin Yasir“ vorgestellt. Na, immerhin.
„Wir wollen es richtig machen“
Natürlich veröffentlichte auch die Tour ein Statement, in dem von „weiteren Fortschritten“ die Rede war. Sowieso habe man sich zuvor „mehrmals wöchentlich getroffen, um die Bedingungen für ein mögliches Geschäft auszuarbeiten und zu einer gemeinsamen Vision für die Zukunft des Profigolfsports zu gelangen“.
Und: „Wir führen diese Verhandlungen weiterhin mit der Verpflichtung, komplexe Überlegungen durchzuarbeiten, um den Golfsport bestmöglich für ein globales Wachstum zu positionieren. Wir wollen es richtig machen, und wir gehen die Diskussionen mit sorgfältiger Rücksicht auf unsere Spieler, unsere Fans, unsere Partner und die Zukunft des Spiels an.“ PR-Sprachhülsen halt.
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Rendite für die Investitionen in den Golfsport
Etwas konkreter wurde Rory McIlroy, der als Trostpflaster für die mit Regularien kaschierte Policy-Board-Ablehnung bei Verhandlungskomitee mitmachen darf und dem „Big Boys Stuff“ per Videoschalte aus Muirfield Villag beiwohnte. Er bezeichnete das dreistündige Meeting als „sehr produktiv, sehr konstruktiv und sehr einvernehmlich“, sprach von „erheblichen Fortschritten, und davon, dass sich alles auf dem rechten Weg befinde. Die Saudis seien vor allem an finanziellen Erträgen, an einem Return of Investment interessiert.
McIlroy glaubt an Wiedervereinigung 2026
Was wunder, hat sich der PIF doch mit einer Anschubfinanzierung von über zwei Milliarden Dollar für die LIV-Liga im Golfsport eingenistet hat. „Es sieht nicht so aus, als ob sie von dort im Moment eine Rendite zu erwarten haben“, so McIlroy. „Wenn die Dinge sich so weiterentwickeln, sehen sie mit uns hoffentlich eine Zukunft, dass sich ihre Investition amortisiert.“ Er geht von anderthalb Jahren aus und glaubt für 2026 an die wie auch immer geartete Wiedervereinigung im Männer-Profigolf. Pikanterweise passt das genau zur Timeline, die Yasir Al-Rumayyan und der PIF als „Probezeit“ für die LIV-Liga und deren Franchisekonzept angesetzt haben. Diese Koinzidenz dürfte keineswegs zufällig sein.
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