Favoritenrolle: Scottie Scheffler hat zwei Tage lang gezeigt, dass er bei diesem 88. Masters zurecht als erste Anwärter aufs Green Jacket gehandelt wird. Indes, waren schon diese Vorstellungen beeindruckende, so imponierte erst recht die Resilienz des Weltranglistenersten am gestrigen Moving Day. Zwischenzeitlich schien der Tag schon rückwärts zu laufen, als Scheffler auf den Löchern 10 und 11 mit einem, Rückfall in alte Puttschwächen drei Schläge verlor, und Nicolai Højgaard damit zum zwischenzeitlichen Spitzenreiter avancierte. Doch dann kamen „Azalea“, die Par-5-13, sein unfassbarer zweiter Schlag aufs Grün und der fast neuneinhalb Meter lange Putt mit Kipppunkt des Balls zum Eagle.
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„Dort erinnerte Scheffler Konkurrenten wie Patrons gleichermaßen daran: Er war, ist und wird der Spieler sein, den es zu schlagen gilt“, schrieb „ESPN“. Und: „Seine geballte Faust und die Ovationen des Publikums verdeutlichten die unangenehme Frage, mit der sich heute alle Verfolger konfrontiert sehen: Wie kommst du ans Green Jacket, vor dir ein Mann im Weg steht, der bereits eins hat?“ Der in dieser Saison überdies bereits zwei Turniere gewonnen, insgesamt sieben Top-Ten-Platzierungen in der Bilanz hat und über die beste Ballbeherrschung verfügt, die der Golfsport seit den Hochzeiten von Tiger Woods erlebt hat. Und der dennoch gerade eigentlich andere Prioritäten hat, weil er bald Vater wird.
Punkt. Mehr muss eigentlich zur Ausgangssituation für heute nicht gesagt werden. Allenfalls kann noch Tom Kim zitiert werden: „Erwartet nicht, dass Scottie einen schlechten Tag hat. Und selbst dann spielt er noch wie ein Weltranglistenzweiter.“
Morikawa und Homa: Fürchtet Euch nicht!
Bangemachen gilt nicht: Die engsten Verfolger wollen sich von Scottie Schefflers Dominanz und Präsenz freilich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Collin Morikawa jedenfalls nicht, der nach Putter- und Trainerwechsel (von Rick Sessinghaus zu Mark Blackburn) wieder an den Profi erinnert, der bereits zwei Majors gewann: „Scottie ist nicht von ungefähr der beste Spieler der Welt und was er zeigt, ist absolut unglaublich. Aber ich habe keine Angst vor dem direkten Duell mit ihm. Ich weiß ja, was ich kann.“
Max Homa wiederum, der vor den beiden Landsmännern und mit dem grandiosen Masters-Rookie Ludvig Åberg in den Sonntag geht, ist eh eine coole Socke und mit sich im Reinen.
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Spruch des Tages
„Mir ist der Gedanke wichtig, nicht besser sein zu müssen als ich bin. Ich habe gestern in mein Tagebuch geschrieben: Wie gut auch immer ich bin – ich muss nicht versuchen, besser zu sein als ich bin. Stattdessen werde ich einfach sehen, wohin mich das führt. Ich weiß, was ich in dieses Spiel investiert habe. Aber zu versuchen, jedes Gramm davon zurückzubekommen, funktioniert nicht wirklich. Das habe ich längst gelernt.“
Max Homa
Ludvig Åbergs exzellentes Debüt
Er hat’s auf dem Schläger: Ludvig Åberg könnte heut der erste Masters-Rookie seit Fuzzy Zoeller 1979 werden, der ins Green Jacket schlüpft. Schon am Freitag spielte der 22-jährige Senkrechtstarter aus Schweden mit einer 69 (-3) die beste Runde des vom Winde verwehten Turniertags – weil er solche Bedingungen und Böen aus den Zeiten des Uniteams der Texas Tech gewohnt ist; heute geht er nach einer exzellenten dritten Runde und erneut brillantem Eisenspiel mit Max Homa und drei Schlägen Rückstand von 70 Schlägen (-2) auf Scottie Scheffler ins Finale. Wie auch immer dieser Sonntag ausgeht: Åberg mit dem erfahrenen Joe Skovron am Bag darf bereits jetzt auf ein grandioses Debüt stolz sein. „Was Joe und mich auszeichnet: Wir sind sehr diszipliniert, vermeiden Risiken oder gehen nur kalkulierte ein, attackieren nicht um jeden Preis die Fahnen“, beschreibt es der Profi selbst. „Und ich hoffe, dass wir das heute wiederholen können. Man kann Augusta eh nicht anders spielen, selbst wenn man wegen der Platzierung auf dem Leaderboard eigentlich müsste. Man darf nie versuchen, etwas zu erzwingen.“
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Jason Day und der No-Go-Pullunder
Sündenfall: Wer erinnert sich an Jason Days Malbon-Pullunder vom Freitag? Oder besser gefragt: wer nicht. Nach dem Masters-Auftakt in Pluderhosen führte der Australier am Freitag bei den übrig gebliebenen sechs Löchern der wegen Dunkelheit abgebrochenen ersten Runde ein Westover mit knalligem „Malbon Golf Championship“ und „No. 313“ spazieren, dessen Anmutung von manchem Zuschauer erneut als Beleidigung für die Augen wahrgenommen wurde.
This vest in Jason Day is wildly more offensive than the parachute pants. The pants weren’t even that bad. This vest is a war crime
— Jordie (@jordiebarstool) April 12, 2024
Nun lässt sich über Geschmack ja bekanntlich trefflich streiten, allerdings nicht mit den Granden in Grün des Augusta National Golf Club, die so sehr auf die Unabhängigkeit ihres Turniers bedacht sind und auf jedwede Sponsorenpräsentation selbst der globalen Partner AT&T, IBM und Mercedes-Benz verzichten. Allein das Masters ist die Marke: Nichts soll die Integrität des Major mit Werbung, Branding oder gar Marktschreierei infrage stellen, und schon gar kein Klamottensponsor mit zu groß geratener Selbstdarstellung. Also wurde Jason Day vor dem Start in die zweite Runde diskret zur Seite genommen und ebenso höflich wie nachdrücklich gebeten, auf derlei Partnerpromotion zu verzichten. „Ja, sie haben mich gebeten, den Pullunder auszuziehen, und selbstverständlich bin ich dem nachgekommen“, bestätigte der 36-jährige PGA-Champion von 2015. „Ich respektiere, dass das Turnier über allem steht.“
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Einziger Amateur: Shipley mit „Hunderter“ Woods
Einer hat schon gewonnen: Neal Shipley, Zweiter der US Amateurs des vergangenen Jahres, ist einziger verbliebener Nichtprofi im Feld und steht damit bereits als Gewinner der Silberschale fest, die ihm heute Abend in der Butler Cabin an der Seite des neuen Masters-Champions überreicht wird. Der 22-Jährige, nachgerückt für den ins Profilager gewechselten Nick Dunlap, hat seine Chance aber schon vor dem eigentlichen Turnier genutzt: Shipley reizte die den Amateuren zugestandenen fünf Vorbereitungsbesuche im Augusta National Golf Club so weidlich aus, wie einst Bryson DeChambeau nach dem Amateurtitel 2015; der Student der Datenanalytik an der Universität von Ohio spielte jedes Mal mindestens 27, meistens indes 36 Loch. „Ich habe eine Menge Zeit und Arbeit auf dem Golfplatz verbracht, das zahlt sich wohl jetzt aus“, sagte Shipley über seine rund 150 Runden in Augusta, dessen Platzkenntnisse an den ersten beiden Tagen sogar Terry Holt, den Caddie des 2003er-Masters-Champions Mike Weir.
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Heute darf Shipley zu allem Übermaß an Augusta-Erlebnis die Finalrunde auch noch an der Seite von Tiger Woods bestreiten, der sich trotz des gestrigen Debakels vor seiner 100. Masters-Runde gewohnt kampfbereit zeigte:
Hovland streicht Start bei der RBC Heritage
Noch einer mit einem Debakel: Viktor Hovland hat nach seiner 81er-Runde vom Freitag und dem verpassten Cut beim Masters offenbar erstmal die Nase voll von Turniergolf und will nochmal an seiner Platzreife arbeiten. Deswegen hat der 26-Jährige seinen Start bei der RBC Heritage auf Hilton Head Island kommende Woche gestrichen, immerhin ein Signature Event der PGA Tour. Vergangenes Jahr war der Norweger noch top – siehe Tour-Finale und Ryder Cup –, heuer ist Hovland eher ein Flop und sagt selbst: „Es war bisher ein bisschen frustrierend in diesem Jahr.“ Daran scheint auch die Zusammenarbeit mit dem neuen Schwungtrainer Dana Dahlquist (noch) nichts zu ändern.
Viktor, buddy pic.twitter.com/7JFBntgH5z
— Schu (@tschu_22) April 12, 2024
Zach Johnson und sein „Fuck off“-Fluch
Entgleisung: So viel Regeln gibt es im Augusta National zu beachten, von Spielern wie von Patrons. Und dann kommt Zach Johnson daher und bedenkt die Galerie mit einem galligen und unüberhörbaren „Fuck off“.
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So geschehen am Freitag als der Champion von 2007 sich auf „Golden Bell“, der Par-3-12, ein Triple Bogey leistete, das ihn letztlich aus dem Turnier warf, und seinen Frust an den Zuschauern ausließ. „Ich soll die Patrons beschimpft haben? Das ist lächerlich“, rechtfertigte sich der US-Ryder-Cup-Kapitän von Rom anschließend. „Erstens kann ich die Leute gar nicht hören. Zweitens habe ich allenfalls wegen des Ergebnisses in mich hinein geflucht, weil ich nun den Cut zu verpassen drohte. Das will ich gar nicht leugnen, vor allem nicht vor der Kamera, sondern mich dafür entschuldigen. Aber es war ausschließlich an mich selbst gerichtet.“
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Adam Hadwin und die Küchenspüle
Zum Schluss: Diesem Posting von Jessica Hadwin, Gattin des kanadischen Masters-Teilnehmers Adam Hadwin, ist absolut rein gar nichts mehr hinzuzufügen: „Wenn du mittags die Startzeit beim Masters hast, aber vorher noch den Abfluss der Spüle im Miethaus richten musst.“ Einfach nur großartig.