63 Golfclubs gibt es von Glücksburg bis vor die Tore Hamburgs. Auf meiner Rundreise durch Schleswig-Holstein besuchte ich drei der schönsten Golf-Destinationen. Vorgabe bei der Club-Auswahl: der Hund muss mit auf die Runde! Die erste Station: Der Golfclub Lohersand, gelegen zwischen den Städten Rensburg (Nordsee) und Schleswig (Ostsee).
„Wer hier spielt, sucht eine Herausforderung“, sagt Regina Kasten zur Begrüßung und übertreibt nicht. Sie ist die Vorsitzende des Clubs und gleichzeitig Vize-Präsidentin des schleswig-holsteinischen Golfverbandes. Der Platz ist eine abwechslungsreiche Mischung aus Parkland, Inland Links und Heidekurs. Nur das modern gestaltete Clubhaus wirkt auf den ersten Blick etwas fehl am Platz. Zur landschaftlichen Umgehung würden Gutshäuser, Schlösser oder Bauernkaten einfach besser passen. Entworfen hat den Golfplatz (Par 71) zunächst Dr. Bernhard von Limburger und später die Erweiterung auf 18 Bahnen der Golfplatzarchitekt David Krause.
Doch wer kam auf die Idee, mitten in der holsteinischen Einöde einen Golfplatz zu bauen?
„Konsul Thomas Enz-von Zerssen“, sagt die Clubpräsidentin. Der erfolgreiche Reeder aus Rendsburg hatte Golfen in Schottland gelernt und wollte auf den Sport nicht mehr verzichten. So wurden aus ehemaligen Pferdewiesen Fairways und Grüns und das erste Clubhaus in der Gründerzeit war – laut Clubchronik - ein historisches Schiff im Hafen von Rensburg. Mehr norddeutsch geht nicht.
Der Mix aus Baumschneisen, Wasserflächen und – vor allem im August – blühenden Heidelandschaften stellt den optischen Reiz des Kurses da, dazu kommen die vielen strategischen Herausforderungen. Oder wie es Präsidentin Kasten ausdrückte: „Der Driver ist nicht immer die beste Wahl.“ Wohl war, schon auf der Bahn eins (PAR 4/333 Meter ab Gelb) ist der Driver ein No Go. Ein schmaler Tunnel gesäumt von hohen Bäumen verlangt präzise Schläge. „Das war früher noch schlimmer,“ ergänzt Vizepräsident Stephan Dörsam und fügt hinzu: „Über 350 Bäume sind schon weg.“ Gefällt von Stürmen, die über das Golfgelände peitschten.
Die nächsten Bahnen sind geprägt von großen Wasser- und Wiesenflächen. Ab der 8 spielt man wieder Parklandgolf. Das Schluss-Quartett ist ein Finale Furioso, das kaum Fehler verzeiht. Schon gar nicht, wenn der Wind eine Stärke erreicht, bei der Segler freiwillig in den Hafen zurückkehren. Und daran soll sich in Zukunft nichts ändern. Credo von Stephan Dörsam: „Wir wollen keine Rennbahn.“ Mein Tipp: viele Ersatzbälle ins Bag packen. Angenehm für alle Spieler: Kurze Wege zwischen Grüns und Abschlägen machen die Runde auf dem über 50 Jahre alten Golfplatz komfortabel für alle Altersgruppen und Spielstärken.
Aber nicht nur die Golfer bewegen sich, sondern auch der gesamte 70 Hektar große Golfplatz. Regina Kasten: „Wir leben und spielen hier auf einer Wanderdüne!
Wanderdüne? Wie muss man sich das vorstellen? Ich komme auf den Platz und auf der Bahn 2 ist von heute auf morgen ein meterhoher Sandhügel. „So schlimm nicht“, betont die Präsidentin und lacht schallend. „Unter den Fairways sind Binnendünen die sich über das Jahr bewegen und zentimeterhohe Hügel schaffen, wo vorher keine waren.“
Hinzu kommt: ein Teil des Geländes war früher eine Motorrad-Rennstrecke, auf der Club-Vizepräsident Stephan Dörsam mit seiner Maschine bis zum Anschlag „heizte“. Der Ex-Werksfahrer von Honda trainierte hier. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich hier einmal Golf spiele.“ Was auch, wie er sagt, daran lag, dass der Club damals den Ruf hatte, dass sich hier nur die Reichen amüsieren dürfen. Dieses Vorurteil hat sich, so Dörsam, „in Rensburg bis heute regelrecht eingebrannt.“
Was die Clubchefs zwar stört, aber nicht daran hindert, Lohersand zu einem modernen Club umzugestalten. Durch gezielte Akquise von jüngeren Mitgliedern konnte der Altersschnitt bei den 800 Mitgliedern von bislang 55 Jahren auf unter 50 Jahren gesenkt werden. Kasten: „Ein Riesenerfolg.“ Wobei die Corona-Situation wie bei vielen anderen Golfclubs geholfen hat. Bilanz: im letzten Jahr über 60 neue Mitglieder.
„Ankommen und sich zuhause fühlen“ lautet der Werbeslogan des Golfclubs, der ohne Navi schwer zu finden ist. Der Gemeinde-Weiler Sorgbrück samt Golfplatz liegt da, wo sich sprichwörtlich Hase und Igel „Gute Nacht“ sagen. Was aber die Gastfreundlichkeit des Golfclubs in keiner Weise schmälert.
Die Herzlichkeit ist beispielshaft und in Schleswig-Holsteiner Golf-Clubs nicht grundsätzlich vorhanden. Das spürt der Gast je mehr er sich der deutsch-dänischen Grenze nähert.
Obwohl der Golfclub in der touristischen Einöde liegt, kommen jährlich über 3000 Greenfee-Spieler nach Lohersand. Was sich bei einem Greenfee-Preis von 60 bis 70 Euro mächtig auf die Vereinskasse auswirkt. Dabei befindet sich der Club - im Vergleich zu anderen Vereinen - in einer beneidenswerten finanziellen Lage. Das gesamte Golfgelände gehört dem Club, so dass Pachtzahlungen entfallen. Regina Kasten: „Wir sind Herr im eigenen Haus.“ Was schon sehr selten ist in der gesamten deutschen Golfszene.
Vermutlich genauso selten wie einen eigenen königlichen Pinkelbaum, der in der Clubchronik besonders hervorgehoben wird. Den respektvollen Titel „the royal Pinkel-Tree“ bekam eine Konifere an der Bahn eins, als His Royal Highness, Prince Andrew bei einem Turnier im übertragenen Sinne Erleichterung in Anspruch nahm. Der Baum überlebte zwar die königliche Beregnung, aber nicht die spätere Platzerweiterung.