Die 115. US Open ist gespielt. Vielleicht waren Sie Augenzeuge des packenden Finales auf diesem seltsamen braunen Belag – nein, das Festuca-Gras ist nicht tot, bloß mangels ausreichender Wasserzufuhr in den energiesparenden Ruhemodus verfallen –, vielleicht sitzen Sie gerade in Ihrem Leihwagen auf dem Weg zum Flughafen, haben aber eigentlich noch ein paar Tage Zeit. Dann sollten Sie nicht die „Interstate 5 N“ zum „Sea-Tac Airport“ nehmen, sondern sich südwärts wenden, für sechseinhalb Stunden. Oder zwei mehr, wenn Sie direkt auf den Oregon Coast Highway einschwenken wollen. Es wird sich lohnen. Nicht allein wegen der atemberaubend schönen Ausblicke auf die pazifische Küstenlandschaft. Versprochen!
Hommage an die Golf-Historie
Die erste US Open im Nordwesten Amerikas, fast an der Grenze zu Kanada, rückt eine der weltweit feinsten Golf-Adressen ins Blickfeld, für viele sogar die beste Golf-Domäne der Welt: Das Bandon Dunes Resort. Ein „Reich der Träume“, schwärmen die Experten vom „Golf Club Atlas“, allemal für Golf-Puristen und Linksgolf-Aficionados, inklusive Pub in bester schottischer Manier. An den wilden Gestaden von Oregon hat der Visionär Mike Keiser, den Gruß- und Glückwunschkarten reich gemacht haben, mit einem Ensemble von vier grandiosen Retro-Kursen eine spektakuläre Hommage an die Historie und die Ursprünge des Spiels in den Sand gesetzt.
Bandon Dunes …
… machte 1999 den Anfang. Das Frühwerk des mittlerweiligen schottischen Star-Architekten David McLay Kidd ist wegen der fehlenden himmelwärts strebenden Dünen und trotz seiner wellblechgleichen Fairways das „spielbarste“ und verzeihendste Mitglied des fabelhaften Quartetts. Der fast beschaulich-romantisch wirkende Kurs verläuft zu einem Drittel entlang der Pazifikküste; „als ich das Gelände zum ersten Mal sah, wusste ich, dass das die Chance meines Lebens war“, erinnert sich McLay Kidd.
Prairie Dunes …
… „floss“ um die Jahrtausendwende aus der Feder von Großmeister Tom Doak, der im Namen seiner Firma „Renaissance Golf“ schon klar macht, welche Design-Philosophie er verfolgt. Der Platz wird als Doaks Meisterwerk gerühmt, erstreckt sich über die landschaftlich dramatischsten Areale des Resorts und erinnert mit seinen Ausblicken auf die See und den gewaltigen Dünen an den irischen Klassiker Ballybunion. Sehr schnell lief „Pacific“ dem großen Bruder „Bandon“ den Rang als bester Kurs des Resorts ab und rangiert konstant in den ganz vorderen Bereichen sämtlicher Golfplatz-Rankings.
Bandon Trails …
... wurde 2005 eröffnet und ist ein Werk des kongenialen Duos Bill Coore und Ben Crenshaw. Der Platz startet in den Dünen und zieht sich durch Marschland und Wald, bevor er im Sand wieder endet. Daher ist „Trails“ auch kein reiner Linkskurs, vielmehr gesellen sich sieben „Wald“- und acht „Wiesen“-Bahnen zu den drei Löchern in klassischem Links-Design.
Old Macdonald …
… schließlich ist ein Gemeinschaftswerk von Tom Doak und Jim Urbina und öffnete 2010 als Reverenz an den legendären Charles Blair Macdonald, der in St. Andrews studierte und später seine Begeisterung für die originären Linkskurse in Plätze wie die „National Golf Links of America“ einfließen ließ.
„Old Macdonald“ gilt als modernes Spiegelbild des Old Course von St. Andrews jenseits des großen Teichs, etliche Löcher erinnern zudem an ihre berühmten Vorbilder auf den britischen Inseln namens „Redan“ (Loch 15 in North Berwick), „Sahara“ (die Zwei in Royal St. Georges) oder „Alps“ (das 17. von Prestwick).
Neben den vier Juwelen beherbergt Bandon Dunes noch Bandon Preserve, einen charismatischen Par-drei-Platz mit 13 hinreißenden Löchern, und als neueste Errungenschaft „The Punchbowl“, ebenfalls konzeptioniert von Doak und Urbina. Der fast 10.000 Quadratmeter große 18-Loch-Puttkurs hält einen locker für 60 Minuten in Atem.
Prachtvolles mitten im Nirgendwo
Mike Keisers Devise lautet: „Built it and they will come“, „bau‘ etwas Besonders, und die Leute werden kommen, egal wohin, weil sie dort unbedingt spielen wollen“. Der Erfolg gibt ihm recht, und so hat der umtriebige Unternehmer längst die nächsten prachtvollen Projekte mitten im Nirgendwo angeschoben: In Neekosa/Wisconsin entsteht mit Sand Valley gerade ein zweites Bandon Dunes. Bereits seit 2011 indes sorgen auf der Cape-Breton-Insel im kanadischen Nova Scotia die Cabot Links für Schnappatmung bei Golf-Touristen, demnächst wird an der rauen Nordatlantikküste auch der jüngere Bruder Cabot Cliffs eröffnet.
Aber dafür sollten Sie dann doch wieder das Flugzeug nehmen. Und sich zuvor mit diesen Ansichten einstimmen: