Die 152. Open Championship ist längst in den Büchern: Xander Schauffele siegte souverän in Royal Troon, gewann auf den Links an der schottischen Westküste sein zweites Major nach der PGA Championship vom Mai und steht jetzt dennoch vor dem Phänomen, bei der Vergabe des Titels „Player of the Year“ auf der PGA Tour leer auszugehen. Weil sein Kontrahent Scottie Scheffler heißt. Der Letzte, dem das trotz zweiter Major-Erfolge passiert, war Jack Nicklaus 1980 mit der US Open und der PGA Championship. Damals holte sich Tom Watson als Champion Golfer of the Year von Muirfield den Titel, allerdings den der PGA of America, die den Spieler des Jahres per Punktesystem kürt.
St. Andrews, East Lothian und die Highlands ziehen Blicke auf sich
Sei’s drum: Jedenfalls haben Schauffele, die Open und Troon den Blick auf eine Region in Schottland gerichtet, die hierzulande gern unter dem Radar läuft, weil der Großraum St. Andrews mit dem Heliozentrum Old Course an der Ostküste alle Blicke auf sich zieht. Oder East Lothian beziehungsweise Scotland’s Golf Coast mit Muirfield, North Berwick und Co. Oder die Highlands und die Kurse im Kielwasser von Royal Dornoch. Bei der Hanse Golf in Hamburg meinte heuer zum Thema Westküste tatsächlich einer aus der Medienbranche: „Das ist ja eh die falsche Seite von Schottland.“ Heilige Einfalt.
Linksgolf at its best
An dieser Stelle sei noch ein Dank an Esther Henseleit geleistet, die sich mit dem zweiten Platz bei der Scottish Women’s Open auf den Dundonald Links das Rookie-Ticket zum Solheim Cup sicherte und ganz nebenbei den Fokus auf Ayrshire vertiefte. Auf der anderen Seite der Bahngleise für die Linie Glasgow-Ayr liegt Western Gailes, das stark beginnt und dessen szenisches Routing mit den Löchern fünf bis 13 zum Besten gehört, das Linksgolf zu bieten hat – weit über Schottland hinaus.
84 Golflöcher wären in Reihe spielbar
Überdies steht der Golfreisende mittendrin im Ayrshire Stretch, jener einmalige Streifen famoser bis großartiger Linkskurse, die mit Western Gailes im Norden beginnt und sich über 11,2 Kilometer bis Prestwick St. Nicholas im Süden erstreckt. Elf Plätze liegen hier wie die Perlen an der Kette, mit ein bisschen Course Hopping ließen sich 84 Löcher in Reihe spielen, die größte Entfernung zwischen Grün und nächstem Tee beträgt gerade mal 500 Meter. Bloß gut zu Fuß sollte man sein.
Royal Troon und die Open-Wiege Prestwick
Dann wird es ein Marsch durch die Golfgeschichte: Gailes Links (Glasgow Golf Club), Western Gailes, Dundonald Links, Kilmarnock Barassie, das Golfmekka Troon mit insgesamt fünf Plätzen – Troon Links Darley, Troon Links Fullarton, Troon Links Lochgreen, Troon Portland und natürlich Royal Troon, die Open-Wiege Prestwick Golf Club und deren Ableger Prestwick Cuthbert und Prestwick St. Nicholas.
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Das demnächst sehr teure Turnberry
Noch gar nicht erwähnt ist das demnächst sehr teure Turnberry, das Trump’sche Edelresort unterhalb des Leuchtturms und vor der Kulisse des Ailsa Craig. Man kann über den umstrittenen Mogul aus Mar-a-Lago eine Menge unfreundlicher Worte verlieren: Aber hier hat The Donald der Golfwelt durchaus einen Dienst erwiesen, als er die Ikone 2014 kaufte und mit einer aufwendigen Sanierung aus dem Dornröschenschlaf des schleichenden Niedergangs erweckte.
Andererseits lebt das Spiel an der Westküste ohnehin nicht von den Aushängeschildern. Die taugen trefflich als Leuchttürme und zur Orientierung, um im Bild zu bleiben. Aber der besondere Reiz des Golfangebots auf Schottlands „falscher Seite“ blüht eher im Verborgenen und abseits der golferischen Touristenströme. Beispielsweise auf der Halbinsel Kintyre, die zu, Distrikt Argyll and Bute gehört und deren Südspitze die Pop-Gruppe Wings und Ex-Beatle Paul McCartney 1977 musikalisch verewigt haben.
Machrihanish Golf Club und Machrihanish Dunes
Die Lyrics von „Mull of Kintyre“ lesen sich in Teilen wie eine Ode ans Linksgolf: „Mist rolling in from the sea“. Und aus diesem Küstennebel erheben sich die Dünen des Machrihanish Golf Club, wo Old Tom Morris 1879 die zwölf bereits bestehenden Bahnen auf 18 erweitert und das beste erste Loch auf dem gesamten Golfglobus geschaffen hat. Direkt nebenan liegt Machrihanish Dunes mit dem Meisterwerk von David McLay Kidd aus dem Jahr 2009, wo man durch die Berufung eines neuen Resort Director gewisse Erwartungen schürt.
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Dunaverty und andere mehr oder weniger polierte Preziosen
Mach Club hin, Mach Dunes her: Aber haben Sie schon mal was von Dunaverty gehört? Mit dem Geläuf in Southend, nahe der Kintyre-Hauptstadt Campbeltown wendet sich der Golfpilger endgültig jenen Preziosen zu, die gemeinhin als Hidden Gems bezeichnet werden – mal mehr poliert, mal weniger, manchmal als wären sie gerade aus dem Stein gebrochen worden. Die Plätze sind wie die zerklüftete Küstenlandschaft in jenem Teil Schottlands: spröde, rau, felsig, ungeschönt, von den Elementen geprägt, Golf on the Rocks sozusagen. Die Isle of Arran im Firth of Clyde vor Royal Troon beispielsweise hat eine Fläche von 430 Quadratkilometern und eine Handvoll Golfanlagen, deren bekannteste noch das Zwölf-Loch-Ensemble von Shiskine sein dürfte.
Golf auf den Hebriden
Insel ist das Stichwort und bringt diesen Streifzug auf die Hebriden, die aus über 500 Eilanden bestehen, von denen lediglich 70 bis 80 besiedelt sind, und mit einer Länge von über 200 Kilometern eine Art Atlantik-Wall vor der schottischen Nordwestküste bilden. Askernish auf South Uist, Stornoway auf Lewis, Barra auf der gleichnamigen Insel und der Isle of Harris Golf Club entfallen auf die Äußeren Hebriden; die Inneren Hebriden bieten beispielsweise das Juwel Machair Golf auf der Isle of Iona, den Isle of Skye Golf Club oder Tobermory auf Mull an.
Und dann sind da noch Islay und Jura, letztere mit dem Privatvergnügen des exzentrischen australischen Multimillionärs Greg Coffey, das manche ob der spektakulären Küstenlage gar als Schottlands besten Golfplatz bezeichnen. Schottlands bester unbekannter Kurs ist Ardfin definitiv.
Sehnsuchtsorte für Parcourspuristen
Bekannter, weniger exklusiv, viel zugänglicher und kaum minder atemberaubend sind The Machrie Links, die 18 Loch des Islay Golf Club auf der Whisky-Insel. Am dritten Abschlag, auf dem siebten Fairway oder auf dem neunten Grün des sagenhaft schönen und spirituell wirkenden Platzes ist der Westküstenwanderer in gewisser Weise am Rand dieses Teils der Welt angelangt. Next Stop Neufundland. Die Reise bis hierhin ist was für Golfer mit dem Sinn für das Wesen des Spiels: „Golf as it meant to be“ an Sehnsuchtsorten für Parcourspuristen.