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Panorama

Golfgenuss in der Löwenstadt: Und Merlion schaut beim Abschlag zu

30. Apr. 2021 von Michael F. Basche in Sentosa, Singapur

Drive Richtung Downtown: Loch 5 ist eine Art Signature Hole des Serapong Course im Sentosa Golf Club vor den Toren von Singapur. (Foto: Michael F. Basche)

Drive Richtung Downtown: Loch 5 ist eine Art Signature Hole des Serapong Course im Sentosa Golf Club vor den Toren von Singapur. (Foto: Michael F. Basche)

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Merlion grüßt. Das Fabelwesen mit Fischkörper und Löwenkopf speit Wasser in Richtung eines anderen Wahrzeichens von Singapur: dem Marina Bay Sands auf der anderen Seite der Marina Bay, das aussieht wie der griechische Buchstabe Pi in Kleinschreibung – allerdings mit drei Beinen und gewaltig groß. Diese Konstellation ist lediglich eine der vielen Ambivalenzen des Insel- und Stadtstaats an der Südspitze der malaiischen Halbinsel. So, wie der Sentosa Golf Club draußen vor den Toren der Löwenstadt Singha Pura (Sanskrit).

Refugium auf einem „Rummelplatz“

Das 36-Loch-Arrangement auf Sentosa Island gehört zu Asiens Top-Adressen, es liegt auf einer Insel, deren Name aus dem Malaiischen stammt und „Ruhe“ oder „Frieden“ bedeutet, die indes in ihrer vorderen Hälfte angesichts etlicher Erlebniswelten und fünf Millionen Besuchern im (normalen) Jahr eher ein Rummelplatz ist. Umschreiben wir es charmant als Naherholungsgebiet mit zahlreichen Freizeitattraktionen, samt tropischem Regenwald, breitsandigen Stränden und natürlich einer monumentalen Merlion-Statue, die über allem wacht.

Gleichermaßen straft der Sentosa Golf Clubs selbst gängige Klischees Lügen. Das opulente, ausladende Clubhaus im Kolonialstil und Asiens Dienstleistungsmentalität wecken Assoziationen einer Luxus-Enklave mit reduzierter Bodenhaftung – dabei ist die CO2-Belastung das Einzige, was der vom Briten Andy Johnston geleitetet Club auf niedrigstes Niveau zu schrauben trachtet.

Neutrale CO2-Bilanz als Ziel

2020 wurde Sentosa bei den „World Golf Awards“ zu „World’s Best Eco-Friendly Golf Facility“ gekürt und setzte sich gegen namhafte Mitbewerber durch, etwa den Ryder-Cup-Schauplatz Gleneagles, die anstehende PGA-Championship-Bühne Ocean Course auf Kiawah Island oder Pinehursts ikonischen No.-2-Platz. Das will was heißen. Und für die Zukunft haben sich Johnston und seine Mitstreiter auf die Fahne geschrieben, dank zahlreicher innovativer Maßnahmen weltweit die erste Golfanlage mit neutraler Kohlendioxid-Bilanz zu werden.


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Es lässt sich also reinen nachhaltigen Gewissens auf Sentosas beiden famosen Plätzen Golf spielen. Mal abgesehen vom ökologischen Stiefelabdruck des Flugbetriebs einer Kontinentalreise. Freilich, momentan ist das aus bekannten Gründen eh noch etwas schwierig, deswegen möchten wir Ihr vermutlich vorhandenes Fernweh mit diesem verbalen Ausflug ein wenig lindern.

LPGA-Stars läuten Rückkehr nach Asien ein

Die Stars der LPGA haben den Tripp übrigens auf sich genommen und tragen gerade auf dem Serapong Course die HSBC Women‘s World Championship aus; Stars wie Lydia Ko, Danielle Kang, Inbee Park oder Sophia Popov läuten damit die Rückkehr des professionellen Golfsports in den asiatischen Raum ein – gut 15 Monate, nachdem Matt Kuchar vor Justin Rose die Singapore Open 2020 gewonnen und anschließend das Corona-Virus die Welt zum Stillstand gebracht hat.


Als der Autor Singapur im November 2019 bei einer Reise mit dem Porsche Golf Circle erlebte, war von einer Pandemie noch keine Rede, das öffentliche Leben des 5,7-Millionen-Gemeinwesen pulsierte in lebendigem Beat und im Sentosa Golf Club ging‘s zu wie im Bienenstock. Nicht allein wegen der knapp 60 Porsche-Piloten, die dort zum Abschluss des meist vier Veranstaltungen umfassenden Golf-Circle-Jahresprogramms ihre – Achtung, Wortspiel – Driver schwangen. Das Ensemble auf dem gut fünf Quadratkilometer großen einstigen britischen Militärstützpunkt ist halt eine begehrte Destination. Zu Recht.

Tropische Träume mit weißem Bunkersand

1974 wurde der Tanjong Course in den südlichen Zipfel von Sentosa Island gepflanzt, zehn Jahre später folgte der Serapong Course als nominelle Nummer eins der Anlage auf der Singapur zugewandten Inselseite. 2016 dann erhielt der Tanjong eine Kernsanierung bis ins Layout hinein, um ihn als „The New Tanjong“ für moderne Anforderungen mit hoher Spielfrequenzen aufzupolieren. Beide Parcours sind tropische Träume à la es grünt so grün. Weißer Bunkersand lockert die voluminöse Vegetation auf.


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Die geschmeidige Gestaltung der Kurse enthält veritable Design-Klassiker, ohne den ja letztlich urlaubenden Akteur zu überfordern oder gar zu frustrieren. Ein schönes Beispiel ist Bahn 4 des Serapong, ein Par 5, das im Prinzip des Risk-&-Reward angelegt ist: Der Abschlag führt übers Wasser auf ein in der Landezone diagonal verlaufendes Fairway: Je mehr Länge man sich zutraut, desto weniger Schläger braucht‘s für die Attacke aufs Grün.

„Jedes Loch eine unterschiedliche Aufgabe“

Andererseits passt die Balance zwischen Spielspaß und Herausforderung, dank der Ausgewogenheit werden Erfolgserlebnisse nicht zur Selbstverständlichkeit. Architektur-Genius Donald Ross hat das Prinzip bereits Anfang des 20. Jahrhunderts postuliert: „Mach‘ jedes Loch zu einer unterschiedlichen Aufgabe“, schrieb der Old-Tom-Morris-Schüler aus dem schottischen Dornoch und Pinehurst-Schöpfer seiner Zunft ins Stammbuch.

Drumherum lassen Höchsttemperaturen von bis zu 31 Grad alles sprießen, was bunte Blüten treibt – genährt besonders durch eine Luftfeuchtigkeit, die mit durchschnittlich fast 84 Prozent gerade auf den Inlands-Bahnen ziemlich schweißtreibend wirkt. Selbst Inbee Park stöhnte dieser Tage: „Das ist zwar einer der schönsten und bestgepflegten Golfplätze der Welt, doch die Schwüle mag ich gar nicht.“

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Genug Trinken und „Kopf unten lassen“

Dabei sind die Sichten derart szenisch und splendide, dass man auf den Abschlägen oder beim Warten auf den Mitspieler schon mal das Trinken vergessen kann. Während sich vom ordentlich ondulierten New Tanjong stellenweise weit übers Areal und die Insel sowie aufs Schiffe-übersäte Meer schauen lässt, verlaufen die spektakulärsten Bahnen des Serapong, die Löcher 2 bis 7, rund um eine Lagune und vis-à-vis‎ von Singapurs quirligem Hafenbereich. Derweil flirrt in der Ferne die Skyline von Downtown mit der signifikanten Silhouette des Marina Bay Sands im Hitzedunst.

Derartige optischen Versuchungen lassen einen am Ball flugs die Essenz früher Schwung-Unterweisungen memorieren: „Kopf unten halten!“ Das zahlt sich vor allem auf der Back Nine des Serapong aus, wo der Schwierigkeitsgrad deutlich anzieht: Die Spiellinien werden schmaler, die Palmen stehen dichter, das Wasser rückt näher …

Altstadt vor Wolkenkratzern

Die Reize der Stadt lassen sich beim spätnachmittaglichen Sightseeing noch früh genug und überdies aus der Nähe in Augenschein nehmen. Nach der Begrüßung durch Merlion, siehe oben, geht‘s an die Erkundung von Singapurs kolonialem Kern, den Vierteln Boat Quay und Clarke Quay, wo alter Gebäudebestand den Fluss flankiert, überschattet von den Glas- und Metalltürmen der Global Player, die an diesem Wirtschaftsknotenpunkt – übrigens auch in den Top-Ten der weltweit meistbesuchten Städte – ihre Dependancen betreiben.

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Das Raffles und der Singapore Sling

Höhepunkt der historischen Herrlichkeit ist fraglos das imposante Raffles Hotel, ein ebenso exquisiter wie exklusiver Anachronismus inmitten von Singapurs Geschäftigkeit, 1887 von den armenischen Bruder-Quartett Sarkies als Bungalow mit zehn Übernachtungsräumen etabliert und benannt nach Singapurs Gründer, dem britischen Staatsmann und Forscher Sir Thomas Stamford Raffles.

Ein (öffentlich zugängliches) Muss im Raffles wiederum stellt die legendäre Long Bar dar, wo Barkeeper Ngiam Tong Boon 1915 den Kult-Cocktail Singapore Sling erfunden hat – wiewohl das zweigeschossige Etablissement mit dem 13 Meter langen Tresen in den Raffles-Arkaden längst vom Hort gepflegter Trinkkultur zum Touristen-Hotspot mutiert ist.

Kolonialismus und „Star Wars“

Zuvor aber wurde die Porsche-Golf-Circle-Truppe noch Augenzeuge einer wahrhaft überirdischen Präsentation, als der Stuttgarter Automobilhersteller justament zum Reisetermin die Markteinführung seines Elektro-Renners Taycan in der Asien-Pazifik-Region zelebrierte und Singapurs kaufkräftiger Klientel gleichzeitig das Ergebnis einer Zusammenarbeit seiner Designer mit der Science-Fiction-Saga „Star Wars“ vorstellte, ein gemeinsam entwickeltes Fantasie-Raumschiff namens „Tri-Wing S-91x Pegasus Starfighter“.

(Foto: Porsche AG)

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Wenngleich der Rebellenjäger nur via Leinwand flimmerte, materialisierte der Taycan tatsächlich leibhaftig aus einer Art schwarzem Loch – eskortiert von imperialen „Stormtroopers“, umlagert von allerlei anderen Star-Wars-Gestalten und illuminiert von 250 Drohnen.

Was zu beweisen war: Globalisierte Freizeitkultur auf Sentosa hier, das Raffles als Kokon des Kolonialismus dort und dazu der Aufbruch in ferne Galaxien zwischen himmelhohen Kolossen und hutzeligen Katen – Singapur hat enorm attraktive Ambivalenzen.

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